Traditionell verwendet man in verschiedenen Lehren zwei Schlüsselbegriffe: Weisheit und Methode. Der Begriff Weisheit umfasst alle Lehren und Belehrungen, die auf die absolute und non-duale Wahrheit hindeuten. Methoden sind Mittel der relativen Wirklichkeit, die es ermöglichen die absolute Wahrheit offen zu legen und innerlich zu realisieren.
Die Advaitalehre sagt, dass es nur ein einheitliches absolutes Bewusstsein gibt, das ALLES ist und es nichts gibt, was es nicht ist. Es gleicht dem unendlichen Raum, es ist unbegreiflich, unendlich, ursprünglich rein, alldurchdringend und spontan vollkommen. Es ist unerschütterlich, unbefleckt, allgegenwärtig, unveränderlich und ohne Stütze. Es ist die lichtvolle Leerheit, welche die Fähigkeit zur Emanation hat und aus sich heraus eine unendliche Anzahl an Universen ausstrahlt. Die Heiligen sagen, dass wir dieses absolute Bewusstsein sind, und sie rufen uns dazu auf, seine innere Natur zu erforschen.
Es existieren verschiedene Wege, die zur Realisation des nondualen Bewusstseins führen. Insgesamt können sie in zwei Kategorien aufgeteilt werden: allmähliche und spontane. Der allmähliche Weg ist mit einer kontinuierlichen Anstrengung verbunden, mit der Anwendung der Methoden der Konzentration, Meditation, Energiesteuerung usw. Der spontane Weg führt über die anstrengungslose Selbsthingabe gegenüber dem absoluten Selbst.
Im Advaita der Siddha-Tradition sind diese zwei Wege miteinander verbunden. Obwohl die höchste Sichtweise in Bezug auf die subtile Bewusstheit und die Selbsttranszendierung schon in den ersten Lehrphasen übertragen wird, werden relative Methoden nicht abgelehnt, sondern werden, ohne dabei Abstriche von der höchsten Sichtweise zu machen, zur Reinigung von Eintrübungen des Geistes genutzt.
Methoden der Siddhas
Die Methoden der Siddhas sind keine Methoden, die von den Menschen stammen. Sie tragen ein Wissen in sich, das als göttliche Offenbarung erhalten wurde. Diese Methoden sind Geschenke mächtiger Wesen, die jenseits aller Begrenzungen sind und sich im Zustand völliger Freiheit befinden.
Die Methoden des Siddhas sind deswegen so wertvoll, weil sie den Schüler schließlich jenseits der Methode in den ursprünglichen Zustand der Reinheit führen, wo Weisheit und Methode eins werden.
Die Methoden der Siddhas sind durch die Zeit geprüft, weil sie Jahrtausende lang genutzt wurden und zur Befreiung vieler Wesen geführt haben. Das bedeutet, dass jeder ein gutes Ergebnis erhalten kann, wenn er dem Weg der Siddhas folgt. In dieser Tradition haben viele Heilige nicht nur Erleuchtung und Befreiung erreicht, sondern auch einen Regenbogenkörper und schafften damit den „großen Übergang“ (kaya vyuha).
Drei Arten zur Klassifikation von Methoden
1. Methoden der Bereiche von Sutra, Tantra und Anuttara-Tantra. Diesen Bereichen entsprechen verschiedene Arten von Praktizierenden. Diese werden als Pashu (wenig Fähigkeiten, viele Hindernisse), Vira (starker Wille und heldenhafte Zielstrebigkeit) sowie Divya (außergewöhnliche, quasi göttliche Fähigkeiten) bezeichnet.
2. Methoden für die Offenbarung der Natur des Geistes, der Festigung dieses Zustandes und der Vertiefung in diesen Zustand.
3. Methoden der Wurzel, des Stammes, der Zweige und der Blätter.
Prinzipien der richtigen Anwendung der Methoden
Achtung gegenüber den Methoden
Nur wenn man eine Methode als großartiges Juwel achtet, kann sich die Methode wirklich öffnen, erfolgreich sein und das beste Ergebnis erbringen.
Anwendung der Methoden der Übertragungslinie
Man sollte nur Methoden nutzen und anwenden, die unmittelbar aus der Übertragungslinie heraus erhalten wurden. Denn nur dann funktionieren sie, schaffen reale Transformationen, weil die direkte Übertragungslinie sie mit bestimmten Eigenschaften und mit der Kraft ihrer Segnungen ausstattet. So wie ein Same nur in einem guten Boden und durch die Pflege eines Gärtners wächst, so kann sich eine Methode nur mit Hilfe der Segnungen der Halter der Tradition entfalten.
Reinheit des Samaya
Samaya ist die Verbindung mit der Übertragungslinie, mit dem „Baum“ der Zuflucht, mit allen Heiligen der Tradition. Dank dieser Verbindung geschieht das Zusammenspiel des Raumes des erwachten Bewusstseins der Siddhas mit dem Bewusstsein des Praktizierenden. Die Energie, die vom Meister und vom Baum der Zuflucht ausgeht, verleiht der Methode ihre Kraft.
Besondere Aufmerksamkeit sollte man auf die Entsprechung seiner Ebene der Entwicklung als Praktizierender zu den verwendeten Methoden legen. Nicht zu schnell vorgehen, ohne zu viele Ablenkungen auf die sekundären Methoden, dem Algorithmus des Prozesses der Schulung folgend, der in der Tradition angenommen wurde, geht der Praktizierender alle Schritte der Schulung nacheinander und erreicht den Erfolg. Bei solchem strategischen Vorgehen geht die Sadhana (die Praxis) erfolgreich voran.
Eindringen in die Feinheiten und Nyansen der Methode
Die Methode gibt das höchste Ergebnis, wenn man ein ausreichendes Wissen darüber hat und weiß, die Feinheiten anzuwenden, wenn man in das Mandala (eine gewisse göttliche Ordnung) der Methode reinkommen kann. Dieser Aspekt ist sehr wichtig, weil viele Menschen die Methoden jahrzehntelang praktizieren und keine Zeichen der Realisation erhalten. Das hängt damit zusammen, dass die Feinheiten nicht eröffnet wurden, die Vertiefung in die Methode nicht stattgefunden hatte. Deswegen soll die Vertiefung in die Methode vollständig sein.
Regelmäßigkeit und Systemhaftigkeit der Praxis der Methode
Eine Methode zu praktizieren heißt vom Tag zu Tag die Meisterschaft zu steigern, in die Methode untertauchen. Solche Meisterschaft kommt mit den Jahren der Praxis.
Das Wichtigste ist immer an das Wichtigste zu denken
Alle Methoden werden angewandt auf dem Hintergrund der Vertiefung in den natürlichen Zustand und in die subtile Bewusstheit. Für die Praktiker des Advaita der Siddhas ist das besonders wichtig, weil in unserer Lehre jede Methode immer auf diesem Hintergrund dieses Bewusstseins praktiziert wir.
Weisheit als Grundlage der Methode
Wenn wir dem Verstand nicht erlauben, sich an etwas festzuhalten, sich auf etwas zu fokussieren, wenn wir uns in einem Zustand ohne Stütze befinden, wie der Himmel, dessen Grenzen unendlich und das Zentrum überall sind, wenn unsere Wahrnehmung wie so eine Sphäre ist und sich frei in alle Richtung erweitert, dann sagt man, dass wir in dem natürlichen Zustand sind, in einer subtilen Anwesenheit.
Sich in einem stützlosen Zustand zu befinden bedeutet nicht, dass wir keine Praxis der Konzentration machen oder keine anderen Methoden anwenden, die Konzentration erfordern. Und hier ist es wichtig zu verstehen, was das Wichtigste in der Lehre ist und was sekundär, zusätzlich, was die Weisheit ist und was die Methode. Die Weisheit ist das Sein in einem stützlosen Zustand. Und wenn die Rede über die Weisheit ist, wenn der Schüler nach den Anweisungen bezüglich des Seins in der Ansicht fragt, wenn er nach dem Darshan der Weisheit fragt, dann antwortet der Lehrer, dass es keine Konzentration, keine Chakras, keine Sankalpas (mentale Einstellungen) und so weiter sein müssen, dass man das alles wegtun soll und in einem unbedingten Zustand sein, den Verstand offen und auf sich selbst stützend haben soll. Das ist die Ansicht.
Denn jegliche Fixierung des Verstandes, jegliche Konzentration, eine Färbung von was auch immer – die Begrenzung ist, das ist das Gefängnis für das Bewusstsein. Und die Aufgabe besteht darin, den Verstand in die wirkliche Freiheit zu entlassen. Keine Doktrinen, keine Theorien, keine Konzepte – alle das soll weggeworfen werden, weil das reine Spiegel des Verstandes mit nichts verbunden ist.
Wenn wir aber über die relative Dimension reden, über die Praxis der Methode, sagen wir, dass Sankalpas (mentale Einstellungen) sehr gut sind, dass Arbeit mit Chakren und inneren Kanälen wichtig ist, genauso wie die Philosophie.
Die Weisheit ist der Hintergrund auf dem sich unsere Praxis entwickelt. Das ist der Zustand, den wir anstreben und den wir zur Basis machen, zum wichtigsten und die Methoden sind der Zusatz, die Hilfen, die es erlauben, die Weisheit zu eröffnen. Die Methode ist der Diener der Weisheit und nicht umgekehrt. Die Weisheit ist der König und die Methoden sind Soldaten und Minister, die den Willen des Königs erfüllen und ihm dienen. In diesem Fall ist der König die durch nichts bedingte Natur des Geistes, die auf nichts fixiert ist.
Hier ist wichtig zu verstehen, dass zwischen der Weisheit und der Methode keine Widersprüche gibt, wenn man sie richtig versteht. Wir machen die Betonung darauf, dass man die Weisheit von der Methode erst mal trennen soll, zumindest solange bis wir den Status eines Mahasiddhas noch nicht erreicht haben.
In vielen Traditionen wird die Weisheit erst mal versteckt und die Betonung liegt auf der Methode (auf einer konkreten rituellen Praxis, Sutra, Symbol des Glaubens und so weiter) weil angenommen wird, dass irgendwann mit den Jahren, mit der Reinigung des Bewusstseins und mit der Entwicklung der Praxis die Methode die Weisheit von innen erweckt. Aber erstens ist es sehr lange und zweites gilt in unserer Tradition als nicht ganz ehrlich die Wahrheit von den Anfängern zu verstecken. Die höchste Lehre des Anuttaratantras geht anders vor – sie nimmt an, dass wenn sie eine Verbindung zu der Tradition haben, sind sie dazu grundsätzlich in der Lage, die höchste Weisheit sofort aufzunehmen.
Natürlich setzt die Vermittlung der höchsten Weisheit vom Anfang an ein gewisses Risiko voraus, denn der Schüler muss selbst die Verantwortung für sein Schicksaal übernehmen, sein Verständnis und für seine spirituelle Praxis. Es wird ihnen viel gegeben mit der Hoffnung und in der Annahme, dass sie richtig damit umgehen, man versteckt von ihnen nichts in der Annahme, dass sie reif genug sind, das richtig umzusetzen.
Die Weisheit ist durch nichts bedingt, durch keine Dualität und keine Fixierung. Aber die Menschen halten sich in der Regel in bestimmten Rahmen, in den ihnen eigenen Begrenzungen. Die höchsten Lehren wurden manchmal verboten, besonders im Mittelalter, weil die Herrschenden Angst hatten, dass die Verbreitung gehobenen non-dualen Lehren den Chaos und Eigenwillen entstehen lassen werden und dann wird es schwer sein, die Menschen zu beherrschen, deren Kleshas (negative Eigenschaften) zum Ausdruck kommen, wenn sie die Lehre falsch auffassen werden. Manchmal wurden diese Lehren geheim weitergegeben, auf sehr versteckte Art und Weise. Aber jetzt ist eine andere Zeit und wie haben die Möglichkeit die Lehren ungehindert kennenzulernen.
Baum der Lehre
Die Lehre hat 5 Teile und 5 Yantras. Davon sind das Prajnayantra (die Lehre über die subtile Bewusstheit) und das Shaktiyantra (die Lehre über die Steuerung der Energie) die wichtigsten. Das Nidrayantra, das Nadayantra und das Jyotiyantra sind tiefere Teile der Lehre, denen die Aufmerksamkeit erst auf höheren Stufen der Schulung gewidmet wird.
Zuerst sollte man die Natur des Geistes für sich entdecken, denn die Praxis wird sich kaum richtig entwickeln, wenn zumindest ein intellektuelles Verständnis solcher Begriffe wie Bewusstheit, subtile Bewusstheit und non-duale Sicht fehlen. Der Eröffnung und der Vertiefung der Natur des Geistes wird der Teil der Lehre das Prajnayantra gewidmet. Das Resultat der richtigen Realisation des Prajnayantras ist ununterbrochener Zustand der subtilen Bewusstheit jenseits jeglicher Dualität und das Halten dieses Zustandes 24 Stunden am Tag.
Das Shaktiyantra wird parallel mit dem Prajnayantra studiert. Der Yogi arbeitet mit den Kanälen und den Winden, lernt Prana zu fühlen und die Lebensenergie zu kontrollieren. Auch lernt er, indem er die Kanäle reinigt, die Winde in den Sushumna (Zenralkanal) zu schicken. Dank den geschickten Mitteln des Kundaliniyogas, des Kriyayogas und des Shat-Chakrayogas erreicht der Praktizierender Samadhi, erweckt Kundalini und eröffnet 5 Lichträume der Elemente in seinem Körper.
Das Nidrayantra ist verbunden mit der Entwicklung des subtilen Körpers in den Träumen, mit dem Erkennen des klaren Lichts und auch mit dem Erschaffen eines Illusionskörpers.
Das Jyotiyantra (das Universum des Lichts) und das Nadayantra (das Universums des Tons) sind mit den inneren Licht und Ton verbunden. Das sind die tiefsten und die geheimsten Teile der Lehre, deren richtige Praxis zum Erreichen eines Regebogenkörpers führt.
Das sind die wichtigsten Teile der Lehre. Es gibt auch weitere zusätzliche Teile und Methoden.
Fundamentale Kategorien der Lehre
Lehren: über die Grundlage, den Weg und die Frucht
- drei goldene Regeln
- Die Ansicht, die Meditation und das Verhalten
- Die drei Juwelen und die Zuflucht
- Das Guruyoga
- Die Selbstbefreiung
- Die Besänftigung des Egos (Prapatti-Yoga)
- Die Niederkommende Kraft (Anugraha-Shakti)
- Die Zwei Wege: sofortiger und allmählicher
- Die Karmische Sicht
- Das Samaya und 14 Wurzelverpflichtungen
- Das Gesetz des Karmas
- Drei Hauptkräfte des Universums
- Zwei Wahrheiten: die Ansicht und das Verhalten
- Drei Wege: Sutra, Tantra und Anuttaratantra
- 55 Prakriyas des Vedanta
- 3 Arten der Übergabe der Lehre
- 5 Körper
- Das Potenzial und die sekundären Ursachen
- Das Abschneiden des Egos, der Hoffnungen und der Ängste (Prapatti-Yoga)
- Die Parasattarkalogik
- 9 Typen des tantrischen Verhaltens
- 16 Knoten der Unwissenheit
- 24 Erkenntnisse
- 16 Stadien des Anwachsens des Mondes der inneren Bewusstheit
- 16 Arten der Bewusstheit
- 5-teilige Formel der Befreiung
- Sahaya-Spanda
- 108 Sahaja-Kriyas
- 7 Stadien der Erleuchtung (7 Jnanabhumis oder Ebenen der Weisheit)
- 4 Stadien der Bewusstheit
- 4 Arten der Interaktion mit der Realität
- 4 Maras und drei Fallen auf dem Weg
- 8 Vertiefungen und Samadhi
- Drei Arten der Erlebnisse in der Praxis
- Sankalpa (mentale Einstellung) Vidya (Lehre)
Linie der meditativen Betrachtung
Lehre über die subtile Bewusstheit mit der Stütze auf Sankalpas:
- Der Traum
- Atma-vicara (das Erinnern an sich selbst)
- Mahashanti (Meditation der Leerheit und innerer Ruhe)
- Unendlicher Raum
- Shambhavimudra (Betrachtung des Raumes auf eine bestimmte Art)
- Göttliche Würde
Die niederkommende Kraft
Das Licht
Die reine Sicht
Das Einheitsgeschmack
Alles ist eins mit dem Bewusstsein
Brahmavicara (Meditation über das Göttliche)
Linie der göttlichen Würde
Lehre über göttliche Würde (Meditation Niralambha)
- Die reine Sicht
- Das göttliche Spiel (Lila)
- Der Übergang in das Mandala der reinen Sicht und des Einheitserlebnisses
Praxis der göttlichen Würde mit Anlehnung auf:
- Die Spanda (Vibration)
- Den Raum (Raum)
- Den Körper
- Das Prana (Lebensenergie)
Lehre über das reine Land
- Über das Mandala und den Mandaleshvar
- Über den Illusionskörper
- Über das Bhava (mentale und übermentale innere Erlebnisse)
Linie des Raumes
- Lehre des Shambhavimudra
- Über Vermischung drei Arten des Raums
- Über Betrachtung des Himmelsraums
- Akasha Mudra
- 6 Mudras
- Höchste Methoden der Vertiefung des natürlichen Zustandes:
- „großer Wind“
- „Tanz im Raum“
- „Fünf Nektars“
- „Die Mutter ernährt den Sohn“
- „Ein Geschmack“
- „Reisen mit den Wolken“
Die Lehre über Verbindung des Bewusstseins mit dem klaren Licht
Basismethoden
Mantra OM
Mantra „Om Namah Shivaya“
Gebet an die Objekte der Zuflucht (Niederbeugungen)
4 unendliche Zustände des Schöpfers
Grobe Konzentration auf OM (oder Punkt, Kerze, Gottheit)
Feine Konzentration auf OM
Analytische Meditation auf vier Bewusstheiten
Beobachtung des Körpers
Vier Grundlagen der Aufmerksamkeit
Praxis des Gehens Chankramana (Basis- und mit Sankalpas)
Meditatives Gehen mit Mantra OM
Meditatives Gehen mit „Verwurzelung“
Analytische Meditation auf die Leerheit des Ich und Leerheit des Körpers
Meditation Mahashanti
Das waren nur die wichtigsten Methoden. In der Lehre gibt es sie wesentlich mehr.