Vedaloka-Kalender
12.3.2024 Jahr
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vedischer Zeitrechnung Jahr 5121 des Kali-Yugas,
28. Mahayuga 7. Manvantara Epoche des Manu Vaivasvata Kalpa des Ebers Erster Tag des 51. Jahres der großen Schöpfergottheit |
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Mystische Übertragung
Aus dem Buch vom Swami Vishnudevananda Giri „Kodex des Meisters“
Vorwort des Autors
Dieser Text gehört zu der Kategorie „Upadesha“ und ist eine direkte Unterweisung in der Praxis der Yogis, die den Weg des Anuttara-Tantras in der Tradition der Siddhas gehen.
Der Text ist in einer geheimen symbolischen Sprache (Sandhya-Bhashya) geschrieben und hilft, das Unausdrückbare auszudrücken und den lebendigen Geist des Meisters zu zeigen.
Sandhya-Bhashya wird die Sprache der Yoginis und der Dakinis genannt. In ihr sind ein besonderer Charme und Poesie zu erkennen. Sie ist mystisch, nicht eindeutig und sehr symbolisch. In der Vergangenheit wurde diese Sprache zum Schutz der Lehren vor Uneingeweihten und für die direkte Übertragung vom Meister zum Schüler benutzt.
Die verborgene Sprache lehrt nicht. Sie verzaubert den Schüler, führt ihn direkt in eine andere Realität ein und ermöglicht es, dass er selbst den lebendigen Atem der Ewigkeit und die Größe des Weges zur Erleuchtung erspürt. Schon das einfache Lesen eines solchen Textes ist eine lebendige Übertragung der Energie vom Meister zum Schüler, nach der es für ihn nicht mehr möglich ist, der gleiche zu bleiben.
Swami Vishnudevananda, Giri 2004
Das Unendliche
1. Das Unendliche ist die große Quelle von Allem.
Alles Existierende im Universum ist die Ausstrahlung des Unendlichen. Alles in diesem Universum ist vom Unendlichen erfüllt und besteht aus dem Unendlichen.
2. Das Unendliche ist wie unvorstellbares unendliches Licht. Es ist allgegenwärtig und alldurchdringend. Alles, vom Staub bis zu den Sternen ist von seinem Strahlen erfüllt.
3. Das Unendliche existiert immer, überall und in allem. Niemand kann das Unendliche bestimmen, begreifen, mit dem Verstand überblicken oder in Worte fassen. Als alles in allem verbirgt es sich spielerisch.
4. Spielerisch erschafft das Unendliche mit der Kraft des großen Windes das Universum und die Wesen, die es bewohnen.
5. Im Spiel des Unendlichen entstehen die Welten. Im Unendlichen existieren sie und verschwinden ähnlich den Luftblasen im Wasser.
6. Wenn das Unendliche sich dem Menschen öffnet, wird es als der Geist des Unendlichen, der “Unendliche Geist” bezeichnet.
7. Der Geist des Unendlichen ist das große Geheimnis des Lebens eines jeden Wesens. Durch die Enträtselung dieses Geheimnisses wird die Freiheit erreicht.
8. Der Unendliche Geist ist der Sinn und das Ziel des Lebens von jedem Einzelnen und von allen Wesen zusammen, unabhängig davon, ob sie es wissen oder nicht.
Kapitel 2
Das große Geheimnis
Die Natur des Unendlichen
1. Das Unendliche strahlt und ist sich seiner selbst bewusst. Es hat keine Grenzen und es ist von Natur aus vollkommen.
2. Die Natur des Unendlichen ist es zu strahlen. Dadurch entstehen Emanationen, die als dünnste Fäden von Lichtstrahlen alle sichtbaren Dinge im Universum entstehen lassen.
3. Alle Welten einschließlich der träumenden Wesen, die sie be- wohnen, sind Bündel dieser Fäden. Die träumenden Wesen empfinden sie als äußere dichte materielle Welten. Nur die Meister nehmen diese Fäden der Lichtstrahlen wahr.
4. Ein starker Wind bewegt diese Strahlen. Der Wind bläst das Leben in die Körper aller Wesen ein, und erhält sie am Leben, von der Geburt bis zum Tod.
5. Durch die Bewegung der Fäden wirkt der Wind auf die Welten. Mit dieser Wirkung entstehen die Träume, die alle träumenden Wesen dazu zwingen, im endlosen Kreis der Träume des Verstandes zu wandern.
Kapitel 3
Die Träume des Verstandes
1. Um das Spiel zu beginnen hat der Unendliche Geist seinen Emanationen die Träume des Verstandes zugewiesen.
2. Die Träume des Verstandes sind eine besondere Form des Spiels des Unendlichen. Einige Teile des Unendlichen vergessen, dass sie das Unendliche sind und fangen an zu träumen. Und das Unendliche verbirgt sich unter der Deckung dieser Träume.
3. Der Unendliche Geist lässt einen Teil von sich einschlafen und verbirgt sich, damit dieser Teil mit einer gewissen Unabhängigkeit und Freiheit in die Wanderung im endlosen Kreis hineingeht.
4. Wozu lässt das Unendliche die Teile von sich träumen? Warum verbirgt es sich in den Träumen des Verstandes? Damit die Teile beim Träumen ihren eigenen Willen, ihre Selbständigkeit und die Bewusstheit ihrer selbst erlangen.
5. Die Emanationen brauchen die Träume, um das Licht der Klarheit zu erkennen, die Bewusstheit zu stärken und das Aufblitzen des Geistes zu sammeln.
6. Gleichzeitig zwingen die Träume die Emanationen, das Unendliche zu vergessen und im endlosen Kreis zu wandern.
7. Auf dieser endlosen Wanderung erschaffen die träumenden Teile ihre eigene Welt, ihre eigenen Ziele und Beziehungen zueinander.
8. In den Träumen kommen sie sich als getrennt, als unterschiedlich, als unabhängig lebend vor.
9. Die träumenden Wesen haben sogar einen gewissen freien Willen in den Träumen des Verstandes und benutzen ihn unterschiedlich.
10. So erreicht das Spiel die Spitze des Unrealen und des Absurden,
was dem Unendlichen große Freude und tiefe Erkenntnis verschafft.
11. Der größte Wunsch des Unendlichen ist, dass die Emanationen die Träume des Verstandes überwinden und sich aus dem endlosen Kreis befreien. Erreichen müssen sie es selbst, nur mit Hilfe der Freiheit, die ihnen in den Träumen des Verstandes zusteht.
12. Der Unendliche Geist kann sich nicht direkt einmischen und die
Träume des Verstandes beenden, weil so das Spiel abgebrochen und die Freiheit des Willens vernichtet wäre.
13. Der Unendliche Geist respektiert den freien Willen, selbst der
unbedeutenden Wesen, da der freie Wille der Wesen seine eigene Freiheit ist. Schließlich gibt es für das Unendliche keine unbedeutenden Wesen. Es gibt nur das Unendliche.
14. Deswegen ist auch das unbedeutende Wesen sehr wertvoll für das Unendliche, weil es aus der Sicht des Unendlichen sich von ihm nicht unterscheidet und das Höchste ist. Unbedeutend werden die Wesen durch die Träume des Verstandes gemacht. Der größte Wunsch des Unendlichen ist, den Wesen zu helfen, sich von den Träumen zu befreien und ihre eigene Größe zu erkennen.
15. Da der Unendliche Geist auch den freien Willen nutzt, sind die Grundsätze des Spiels so, dass er ohne die Freiheit der träumenden Wesen zu beschränken, ihnen Andeutungen in den Träumen geben und die sogar Wesen aufwecken kann. Einem Wesen steht aber immer das Recht der Wahl zu.
16. Wer dieses Recht nutzt und den Weg der Befreiung wählt, wird Meister genannt. Das sind vollkommene Wesen, himmlische Wanderer, die aus den Träumen des Verstandes erwacht sind, und die wahnsinnige Wanderung im endlosen Kreis beendet haben.
17. Wer dieses Recht nicht nutzt, träumt weiter, und wandert im endlosen Kreis, solange bis genug an Aufblitzen des Geistes angesammelt wurde, um aus den Träumen des Verstandes aufzuwachen.
18. Aufgewacht aus den Träumen, verlassen die Wesen die wahnsinnige Wanderung im endlosen Kreis, um die Freiheit zu erreichen.
19. Die Wesen, die aus den Träumen des Verstandes aufgewacht sind, sehen, dass das Spiel des Unendlichen auch ohne die Träume, in der Einheit mit dem Unendlichen geschehen kann.
20. Was ist denn der Sinn der Träume des Verstandes? Während der Wanderung in den Träumen erreichen die Wesen den freien Willen, und mit eigener Entscheidung suchen und finden sie den Ausgang. Somit treten sie bewusst dem Spiel des Unendlichen bei. Den Emanationen die Unabhängigkeit zu geben und dabei ihre Größe und ihre Einheit mit dem Unendlichen zu bewahren, ist das große Ziel dieses Spiels. Wenn das geschieht, erlangt das Unendliche neue Erkenntnisse in zahllosen Wesen.
Kapitel 4
Das Ziel des Lebens der träumenden Wesen
1. Die Emanationen, die in den Träumen des Verstandes von sich als von getrennten einzelnen Wesen träumen, werden Wanderer im endlosen Kreis genannt.
2. Der wirkliche Sinn des Lebens aller Wesen, die in die Träume des Verstandes vertieft sind, ist es, mit ihrem Bewusstsein den unbewussten Teil des Unendlichen zu sättigen.
3. Sie tun dies durch das Aufsammeln des Strahlens und des Aufblitzens des Geistes.
4. Die Sättigung des unbewussten Teils des Unendlichen geschieht durch die Stärkung der Klarheit.
5. Die Klarheit wird durch das intensive Strahlen und das Aufblitzen des Geistes gestärkt.
6. Aus der Sicht des Unendlichen hat das Leben der träumenden Wesen keinen eigenen Sinn, obwohl sie selbst vom Gegenteil überzeugt sind.
7. In den Träumen erdenken sich die Wesen verschiedene bedeutungsschwache Ziele, die mit dem Ziel, das ihnen vom Unendlichen zugeteilt wurde, dem Ansammeln des Strahlens und Aufblitzens des Geistes, gar nicht verglichen werden können.
8. Das Ansammeln des Strahlens und Aufblitzens des Geistes stärkt die Klarheit der träumenden Wesen und ist der wahre Sinn ihres Lebens.
9. Für das Unendliche existieren gar keine einzelnen, unabhängigen Wesen, da es sie nur als eigene Emanationen wahrnimmt, die in die Träume des Verstandes vertieft sind.
10. Der Sinn des Lebens der Emanationen ist so groß, dass die Träume, in denen sich die Wesen als bedeutungslose einzelne Kreaturen sehen, für das Unendliche fast gar keine Bedeutung haben.
11. Das Ziel der Vertiefung in die Träume ist nur das Ansammeln des Aufblitzens des Geistes.
12. Dieses Ansammeln geschieht durch das Erschaffen von immer tieferen, vielfältigeren, dichteren Träumen, denen gleichzeitig Schönheit und Ausmaß verliehen wird. Dann folgen die Befreiung und das Spielen mit den Träumen mit Hilfe der Klarheit des Geistes.
13. Hat das Wesen genug Strahlen und Aufblitzen des Geistes angesammelt, befreit es sich von den Träumen des Verstandes.
Aber die Träume verschwinden nicht ganz, da sie ja eine besondere Ausstrahlung des Unendlichen sind. Nichts kann sie stoppen, weil das Ausstrahlen und das Erschaffen von Träumen die Natur des Unendlichen ist.
14. Wenn die Träume des Verstandes entkräftet sind, wird das Träumen zum harmlosen Spiel des Unendlichen, was das Strahlen und Aufblitzen des Geistes noch mehr verstärkt.
15. Deswegen beginnen die Wesen, die sich von den Träumen des Verstandes befreit haben, mit diesen zu spielen. Im Spiel befreien sie sich immer mehr von der Idee der eigenen Bedeutungslosigkeit und der Absonderung, solange bis sie sich mit dem Unendlichen voll vereinen.
16. Je dichter und eleganter die Träume werden, desto interessanter werden sie für das Unendliche. Mit ihrer Hilfe erkennt das Unendliche neue Seiten von sich.
17. Das Ziel der Existenz von Wesen als Emanationen des Unendlichen ist es, bewusst die Selbsterkenntnis und somit die Klarheit des Geistes zu entwickeln.
18. Die Tragödie der träumenden Wesen ist, dass sie sich selbst als bedeutungslos und isoliert sehen.
19. Das Unendliche nimmt sie anders wahr und achtet nicht auf ihre Träume. Für das Unendliche sind die Wesen bedingte Schöpfungen und existieren an sich gar nicht. Genauso wie ihre Träume auch.
20. Daher sind die träumenden Wesen immer ein Gegenstand von Scherzen und humorvollen Vorführungen im Theaterstück des Unendlichen.
21. Die Bestimmung der Träume ist Dienst an der großen Aufgabe — der Entwicklung der Erkenntnis im Unendlichen. Mittels der Ansammlung des Strahlens und Aufblitzens des Geistes in den Träumen des Verstandes erwachen und befreien sich die träumenden Wesen. Das ist der einzige wirkliche Sinn ihres Lebens.
22. Um sein eigenes Ziel im Leben erreichen zu können, muss ein träumendes Wesen den eigenen freien Willen und ein starkes Bewusstsein entwickeln und dem Unendlichen beweisen, dass es das Recht auf die Verwirklichung eines eigenen Ziels hat.
23. Und beweisen kann das Wesen es nur durch das Begreifen der illusorischen Natur aller Träume des Verstandes. Das Wesen muss sich mit dem Unendlichen vereinen, ohne sich selbst zu verlieren.
24. Ohne den starken Willen und das klare Bewusstsein existieren für das Unendliche an sich keine selbständigen Wesen, die es wahrnehmen würde.
25. Das Paradox liegt darin: Wenn die Wesen freien Willen und klares Bewusstsein entwickeln, erkennen sie die Tatsache ihrer eigenen Bedingtheit, ihres illusionären Charakters und ihrer ursprünglichen Gleichheit mit dem Unendlichen.
26. Die Offenbarung der Tatsache der eigenen Bedingtheit und die Scheinbarkeit erschüttert das träumende Wesen bis in das Tiefste hinein, und es kann nicht mehr so wie vorher sein, nicht mehr unbedeutend bleiben.
27. Der träumende Teil des Wesens gerät in Verwirrung, zittert und beginnt sich zu ändern, sich dem Unendlichen Geist unterzuordnen. Dem Wesen wird die eigene Größe als Emanation des Unendlichen wieder bewusst. Seine Selbständigkeit bleibt dabei voll erhalten.
28. Den Emanationen die Selbständigkeit zu verleihen und dabei ihr Gefühl der Größe und der Einheit mit dem Unendlichen zu bewahren, ist das große Ziel des Spiels. Diese Selbständigkeit wird mit der Entwicklung der strahlenden Klarheit des Geistes erreicht.
29. Deswegen sagt man, dass die träumenden Wesen kein eigenes Ziel und keine Zukunft haben. Ihre Zukunft liegt im Unendlichen.
30. Solange die Wesen sich ihrer Größe nicht bewusst sind, werden ihre Ziele von den Träumen geprägt.
31. Die Aufgabe der Träume ist, die Wesen mit dem Strahlen und Aufblitzen des Geistes zu sättigen. Aus sich heraus führt das Aufblitzen des Geistes zur strahlenden Klarheit und sättigt die Erkenntnis des Unendlichen.
32. Die Träume werden von mächtigen Kräften, ihren Förderern, den Dienern des Unendlichen gesteuert. Einige dieser Förderer sorgen für die Aufrechterhaltung der Träume und deren Einfluss auf die träumenden Wesen. Andere helfen den Wesen, sich von den Träumen zu befreien.
33. Das durch die Träume geprägte Ziel des Lebens eines Wesens wird als sein Schicksal im endlosen Kreis bezeichnet.
Kapitel 5
Die Wirkung der verschleiernden Kraft
1. Ein in die Träume des Verstandes vertiefter Mensch wird niemals erkennen und zugeben, ein träumendes Wesen zu sein. Ein träumendes Wesen wird nie freiwillig zugeben, dass die Welt, in der es lebt, nur ein Traum seines Verstandes ist.
2. Eine solche Anerkennung ruft in einem träumenden Wesen ein Gefühl des Verlustes von jeglichem Sinn und Ziel auf. Um einen neuen Sinn zu finden und neue Ziele zu setzen, braucht es eine totale Veränderung seines Weltbildes. Aber wie kann ein träumendes Wesen sein Weltbild selbst ändern, ohne die Träume des Verstandes zu verlassen?
3. Ein träumendes Wesen hat keine Wahl. Es hält sich an seinem Weltbild fest und weist jegliche Zweifel an seiner Realität von sich. Das geht so lange so, wie die mächtigen Kräfte, die Förderer, die Diener des Unendlichen es zulassen, oder bis ein Wunder geschieht — das Treffen eines Meisters und des Weges.
4. Die Unfähigkeit des Träumenden sich als träumend zu erkennen bestätigt die Kraft der Träume des Verstandes. Die größte Täuschung ist die Überzeugung des Träumenden, wach zu sein.
5. Der Kontakt mit dem Unendlichen Geist und seinem Aufblitzen kann vorübergehend die verschleiernde Kraft der Träume neutralisieren.
6. Dieses Aufblitzen erlebt jeder Träumende immer wieder. Es geschieht in Momenten großer Gefahr oder großen Risikos, eines Schocks, der Freude oder körperlicher Ekstase, wie auch im Zustand der Überraschung, Verwunderung, Inspiration, am Anfang einer unvorhergesehenen Situation, im Moment des Einschlafens oder des Aufwachens, sowie auch beim Betrachten von weiten Fernen.
7. Aber für die träumenden Wesen, deren Strahlen sehr schwach ist, vergeht dieses Aufblitzen fast ganz spurlos und hinterlässt keine Erinnerungen an sich.
8. Die träumenden Wesen bemerken quasi gar nichts von dem, was den Plänen der Träume des Verstandes nicht entspricht.
9. So stark ist die verschleiernde Kraft des Unendlichen, die den Verstand der Wesen in den Träumen gefangen hält.
Kapitel 6
Das Eis und das Feuer
Die zwei Wege
1. Für alle Wesen im Universum gibt es nur zwei Wege: den Weg der Erweiterung der strahlenden Klarheit des Geistes oder das endlose Wandern im Kreis der Träume.
2. Der erste Weg wird als der Weg der Vollkommenheit bezeichnet. Und die Wesen, auf diesem Weg nennt man Freiheitssuchende, Himmelswanderer, Meister, Spieler im Spielfeld des Unendlichen.
3. Dagegen werden die träumenden Wesen als Wanderer im endlosen Kreis der Träume des Verstandes bezeichnet. Auf beiden Wegen wird das Strahlen angesammelt und die Klarheit des Unendlichen Geistes erweitert.
4. Der Unterschied liegt darin, dass die Freiheitssuchenden den Weg begreifen, ihn aus dem eigenen freien Willen und mit einem detaillierten Plan gehen und als den Sinn des eigenen Lebens erkennen.
5. Die träumenden Wesen tun dies chaotisch, und sehen den Sinn ihres Lebens in ganz trivialen, ihnen von den Träumen gegen ihren eigenen Willen aufgezwungenen Abläufen.
6. Weil die träumenden Wesen keinen Plan haben, verläuft das Ansammeln des Strahlens sehr langsam. Da sie sich immer wieder in dichte Träume vertiefen, müssen sie alles von vorne beginnen, und bleiben so im endlosen Kreis.
7. Wenn nach vielen Versuchen und glücklichen Umständen ein träumendes Wesen genug vom Strahlen des Geistes angesammelt hat, erkennt es den Ruf des Unendlichen.
8. Das Unendliche wird von dem angesammelten Strahlen als von seiner eigenen Natur angezogen, kommt zum träumenden Wesen herab und erweitert den Kontakt mit ihm.
9. Durch diesen Kontakt beginnt die Zerstreuung der Träume des Wesens.
10. Bei einem gewissen Grad der Zerstreuung der Träume erlebt das träumende Wesen eine dauerhafte Klarheit des Geistes und begibt sich von selbst auf den Weg der Suche nach dem Unendlichen.
11. Somit wird klar, dass es, obwohl man über zwei Wege spricht, in Wirklichkeit nur einen Weg gibt.
Kapitel 7
Der Sinn des Lebens des Menschen auf dem Weg
1. Der Sinn des Lebens des Menschen auf dem Weg ist das Erreichen der absoluten Freiheit.
2. Das Erreichen der absoluten Freiheit bedeutet, die Träume des Verstandes zu verlassen und sich wieder mit dem Unendlichen zu vereinen.
3. Der Mensch, den der Unendliche Geist berührt hat, sucht sein ganzes Leben lang nach dem Weg zum Unendlichen. Er wird als Mensch des Weges bezeichnet. Wenn er den Weg erkannt hat, strebt er danach, ihn würdig zu gehen und das Ziel wirklich zu erreichen.
4. Leben bedeutet für den Mensch auf dem Weg nur eines — die Suche nach dem Unendlichen. Dieser Mensch kann sich das Leben ohne diese Suche gar nicht vorstellen. Die absolute Freiheit wird von diesem Menschen ganz natürlich als Resultat seines voll der Suche nach dem Unendlichen gewidmeten Lebens erreicht.
5. Von allen träumenden Wesen hat nur das Leben des Menschen auf dem Weg einen eigenen Sinn, weil sein Ziel als Mensch sich mit dem Ziel des Unendlichen im Einklang befindet.
6. Den Sinn des Lebens eines träumenden Wesens bestimmen die Träume, und somit hat es keinen eigenen Sinn. Das ist so, weil die Träume von den mächtigen Kräften, den Förderern dieser Träume, geleitet werden. Diese Kräfte haben ihre eigenen Ziele im Spiel des Unendlichen. Diese Ziele sind so global und umfangreich, dass sie nicht unbedingt oder auch gar nicht die kleinen Ziele eines träumenden Wesens einschließen müssen.
7. Nur wenn der Sinn des Lebens eines träumenden Menschen in Einklang mit dem Sinn des Unendlichen gebracht wird, verlieren die Träume und die sie leitenden Kräfte ihre Macht. Auch die mächtigsten Förderer der Träume bewundern und verehren solche träumenden Wesen, die es wagen, den Weg der Suche nach dem Unendlichen zu betreten.
8. Je fester und aufrichtiger der Geist des Menschen auf dem Weg wird, desto freundlicher werden die mächtigen Kräfte zu ihm. Einige werden sogar zu seinen Dienern und unterstützen ihn auf dem Weg.
9. Vorher unterziehen ihn diese Kräfte einer Reihe von großen Prüfungen. Wenn der Mensch sie erfolgreich besteht, ist der Stolz der mächtigen Kräfte befriedigt, sie erkennen das eigene große Ziel des Menschen an und behindern ihn nicht mehr auf seinem Weg, weil nichts höher sein kann, als sich der Suche nach dem Unendlichen zu widmen.
Kapitel 8
Die mächtigen Kräfte, Förderer der Träume,
die Diener des Unendlichen Geistes
1. Alles im Universum: der Ablauf der Zeit, das Licht der Sterne, die Bewegung der Planeten, das Leben und der Tod von einzelnen Wesen wird von den mächtigen Kräften — den Förderern der Träume, den Dienern des Unendlichen Geistes geleitet. In der Welt der Träume unterliegt alles ihrer Macht. Es sind dies Ausstrahlungen des Unendlichen von großer Intensität, Kraft und Macht.
2. Ein Schüler, der fest auf dem Weg der Suche nach dem Unendlichen steht, hat die Fähigkeit, diese Kräfte wahrzunehmen.
3. Die träumenden Wesen nehmen die höherstehenden Kräfte nicht wahr, weil sie außer den Träumen nichts interessiert.
4. Die Träume des Verstandes halten den Geist der träumenden Wesen fest auf dem Niveau des Bekannten und lassen sie nichts
außer den Träumen erkennen.
5. Auch wenn sie zufällig die Kräfte oder ihre Anzeichen einen Moment lang erkennen, wird dies sofort von den Träumen verdeckt, so dass keine Spur davon in der Erinnerung verbleibt.
6. Die Meister sehen diese Kräfte als mächtige Wesen, die außerhalb der menschlichen Wahrnehmung existieren.
7. Einige Meister sagen, dass die Förderer ein besonderes Spiel des Unendlichen sind und es ein Fehler ist, sie als äußere Kräfte zu betrachten.
8. Andere Meister, die sich dem Ende des Weges nähern, sehen diese Kräfte nur als ein Spiel ihrer eigenen Energien und bezeichnen jede andere Betrachtungsweise als einen Irrtum in den Träumen des Verstandes.
Kapitel 9
Die Natur der Förderer
1. Die Förderer der untersten Kategorie haben große Kraft und Macht, kennen aber nicht das Unendliche. Sie werden Diener des Geistes genannt. Sie wandern in ihren eigenen, unvorstellbaren, endlosen Kreisen. Ihre Welten können abhängig von ihrer Natur elegant und fein oder auch furchtbar, abscheulich und grob sein.
2. Manchmal können sie dem Menschen auf dem Weg helfen, aber auch ihn stören, wenn er sie ärgert.
3. Ein Schüler, der sicher auf dem Weg steht, kann mit diesen Kräften verhandeln, sie verlocken oder zähmen.
4. Ein Meister kann mit Hilfe des klaren Strahlens diese Diener, deren Geist sehr stolz und ungestüm ist, zähmen und ihnen den Weg zur Freiheit zeigen.
5. Andere Förderer und Diener sind selbst schon auf dem Weg und gehen ihn auf ihre eigene, für Menschen nicht begreifbare Weise und folgen dabei den eigenen Meistern.
6. Sie können je nach Situation dem Menschen helfen, ihm neue Erkenntnisse und Kräfte schenken, ihn lehren und prüfen oder auch teilnahmslos sein.
7. Die Besten unter den Förderern und Dienern haben die Freiheit schon erreicht und vollführen ihre unvorstellbaren Spiele schon im reinen Feld des Unendlichen.
8. Sie sind die Himmelswesen, Himmelswanderer, Bewahrer und Hüter der Weisheit. Ihr Geist ist sehr stark, fein und erhoben. Ihre Herzen sind voller Harmonie, Liebe, Mitgefühl und Weisheit.
9. Sie helfen dem Menschen auf dem Weg, indem sie ihn mit Inspiration, neuen Erkenntnissen und Prophezeiungen beschenken.
10. Sie zu treffen ist ein seltenes Glück für den Freiheitssuchenden und
ein Zeichen dafür, dass man vom Unendlichen Geist ausgewählt wurde.
11. Mit den Förderern, die das Unendliche kennen, also mit
Vollkommenen, kann es nur eine Beziehungsart geben: Bewunderung, Verehrung und die Bitte nach Inspiration.
Kapitel 10
Das Strahlen des Unendlichen
1. Alles Wahrnehmbare im Universum leuchtet. Die ganze Welt ist mit dem Strahlen des Unendlichen ausgefüllt.
2. Das Strahlen ist die Eigenschaft aller Emanationen des Unendlichen, aller Lebewesen, einschließlich des Menschen.
3. Mit den Augen des Meisters gesehen leuchten die Körper aller Lebewesen. Dieses Leuchten ist ein Zeichen dafür, dass sie in Wirklichkeit Ausstrahlungen des Unendlichen sind. Alle Lebewesen in der Welt sind leuchtende Ausstrahlungen des Unendlichen.
4. Dieses Leuchten ist im Körper nicht gleichmäßig verteilt und ändert sich in bestimmten zeitlichen Zyklen. Die ausgeatmete Luft und die Ausscheidungen des Menschen leuchten sehr stark, besonders von Menschen, die den Weg der Freiheit gehen.
5. Der Meister sieht so etwas als leuchtende Fäden, aus denen jedes Partikel in dieser Welt besteht.
6. Der Meister weiß, dass dieses Leuchten aus seinen Augen her- vorgeht, ähnlich dem Licht einer Kerze im Kopf einer Figur aus Ton. Ein Meister beherrscht verschiedene Sichtweisen und kann dieses Leuchten ausrichten und verstärken und somit verschiedene Aspekte der Welt betrachten.
Ein Meister nutzt die leuchtenden Fäden als Mittel, um von einer Sichtweise zur anderen zu gelangen.
Zwei Sichtweisen
1. Es gibt zwei Arten, sich selbst wahrzunehmen. Die eine ist, sich als ein beschränktes menschliches oder anderes Wesen zu sehen, das ein eigenes Leben mit einem eigenständigen Sinn getrennt vom Unendlichen führt. Diese Sichtweise wird als Träumen bezeichnet. Es sind die Träume des Verstandes.
2. Diese Sichtweise ist die einzige für ein Wesen, das keinen Kontakt zum Unendlichen hat, das den Weg der Freiheit nicht kennt und im endlosen Kreis umherwandert.
3. Die zweite Sichtweise ist, sich als Ausstrahlung des Unendlichen zu sehen. Das Ziel dieser Sichtweise ist es, das Strahlen und Aufblitzen zu sammeln und die Klarheit des Geistes zu entwickeln. Diese Sichtweise ist die Sicht des Meisters und eines Menschen, den das Unendliche berührt hat, eines Himmelswanderers auf dem Weg der Freiheit.
4. Meister können sich und andere mit beiden Sichtweisen wahrnehmen und sie koppeln. Die erste Sichtweise ist für alltägliche Tätigkeiten geeignet und stellt für den Meister nicht mehr als ein Spiel dar. Die zweite drückt seine innere Natur aus und ist der echte Sinn all seiner Aktivitäten.
Kapitel 12
Die fünf Geschenke des Unendlichen
1. Mit dem Erschaffen der Welt gab das Unendliche dem träumenden Menschen fünf Geschenke.
2. Es gab ihm ein Stückchen von der eigenen Unbegreifbarkeit, dem enormen Geheimnis, das den Menschen das ganze Leben auf der Suche nach einem Wunder sein lässt.
3. Das Unendliche hat sich ihm selbst anvertraut, die Grenzenlosigkeit und die Ewigkeit in allen Richtungen. Die unbewusste Erinnerung daran lässt ihn von der Freiheit schwärmen.
4. Das Unendliche hat dem Menschen die unendliche Reinheit und Losgelöstheit übergeben, mit deren Hilfe er in der Lage ist, alles zu akzeptieren, ohne sich selbst zu verlieren.
5. Es hat für ihn die Vollkommenheit und die Macht geöffnet. Sehnsüchtig strebt der Mensch nach ihnen. Dies zwingt ihn, immer neue Ziele zu suchen und Pläne zu kreieren.
Kapitel 13
Die Berührung des Geistes
1. Berührung des Geistes bedeutet, dass der Unendliche Geist einem Auserwählten das Geheimnis seiner Geschenke und den Umgang mit ihnen öffnet.
2. Vom Unendlichen Geist auserwählt zu sein, bedeutet eine totale Veränderung des Lebensablaufes. Es macht alle gewöhnlichen Ziele dieser Welt sinnlos.
3. Die Berührung des Geistes richtet den Menschen Tag und Nacht eifersüchtig auf den Weg aus, nach einem Meister und seiner Schulung zu suchen.
4. Von dem Geheimnis, der Freiheit und der Kraft begeistert, beseitigt der Mensch furchtlos alle Hindernisse auf dem Weg.
5. Nichts kann den Strebenden stoppen, nachdem der Unendliche Geist mit ihm Kontakt aufgenommen hat. Von dem Ruf des Unendlichen angezogen, verliert der Mensch jegliches Interesse an gewöhnlichen Zielen und bewegt sich vorwärts wie ein Elefant.
6. Nach der Auswahl und der Kontaktaufnahme führt der Unendliche Geist den Menschen zu den drei Schätzen und organisiert das Treffen mit ihnen.
Kapitel 14
Der Himmel in einer Kanne
Die drei Schätze
1. Die drei Schätze warten immer auf das Treffen mit dem Menschen, aber er kann sie nur dann finden und benutzen, wenn er selbst dazu bereit ist.
2. Jeder Schüler bekommt drei Perlen. Dies sind sein Meister, sein Weg und seine Begleiter auf dem Weg. Behutsam trägt er sie das ganze Leben lang wie einen wertvollen Schatz in seinem Herzen.
3. Der Meister ist die dem Schüler gesandte Emanation des Un- endlichen Geistes, die ihm hilft und ihn zur Freiheit führt.
4. Der Weg ist das Spiel des Unendlichen, wenn es sich selbst im Körper des Schülers wahrnimmt und nach sich selbst sucht.
5. Die Begleiter sind verwandte Energien, die vom Unendlichen zusammengeführt wurden und den Schüler auf dem Weg unterstützen und ermutigen.
Kapitel 15
Der Ruf nach den drei Schätzen
1. Nach den drei Schätzen zu rufen, bedeutet, das Herz dem Un- endlichen Geist zu öffnen. So beginnt der Weg.
2. Ohne den ehrlichen, offenherzigen, aufnahmewilligen Ruf nach den drei Schätzen, wird der Schüler immer wieder die Richtung verlieren, stolpern und abrutschen, sich abseits des Weges befinden.
3. Mit der Erhaltung der Hilfe der drei Schätze schwört der Schüler, dem Meister und seiner Linie treu zu sein, würdig dem Weg zu folgen, der Stimme des Unendlichen zuzuhören.
4. Als Zeichen seiner Aufrichtigkeit widmet der Suchende den drei Schätzen sein offenes Herz, seine Suche nach dem Geheimnis, seinen Glauben und Liebe, seine Entschlossenheit, Kompromisslosigkeit, Mut und Hoffnung.
5. So erlangt er die Ehre, den hohen Weg der Meister zu beschreiten.
Kapitel 16
Der Ozean und die Welle
Der Meister und der Schüler
1. Die unendliche Freiheit zieht den Suchenden auf den Weg und ermutigt ihn, dem Meister zu folgen.
2. Was will der Meister dem Schüler weitergeben? Seine grenzlose Liebe zur absoluten Freiheit.
3. Nie wird von einem Schüler eine unüberlegte Hingabe oder gar sklavischer Gehorsam verlangt. Notwendig sind Offenherzigkeit und Selbsthingabe auf dem Weg. Die höchste Offenherzigkeit und die totale Selbsthingabe bringen den Schüler in Einklang mit dem Geist des Meisters.
4. Der Einklang entsteht dank einer feinen Abstimmung, der heiligen Beziehung zum Meister. Mit dem Erreichen des Einklangs mit dem Meister ist der Schüler bereit, die Geschenke des Unendlichen entgegenzunehmen.
5. Der Meister befindet sich in der Einheit mit dem Unendlichen. Durch die Angleichung des Geistes des Meisters mit dem des Schülers bekommt jener eine grenzlose Kraft.
6. Der Meister existiert nur als Vorstellung des Schülers. In Wirk- lichkeit ist er der Unendliche Geist, der sich als Mensch tarnt und spielt, um dem Schüler zu helfen.
7. Mit der Zeit beginnt der Schüler, dies selbst zu verstehen und er- lebt eine große Begeisterung.
8. Er entdeckt den Unendlichen Geist in sich selbst und fühlt ein nicht ausdrückbares Einleuchten. Er erschaut, dass er, der Meister und der Unendliche Geist in Wirklichkeit eins sind.
Kapitel 17
Die Eigenschaften des Meisters
1. Tag und Nacht geht der Meister pausenlos den Weg der Vollkommenheit.
2. Der echte Meister hat längst alle Spiele dieser Welt aufgegeben: Vergnügen, Reichtum, Macht, Kampf mit den anderen, die Suche nach Ruhm. Nur die beständige Bewegung hin zur Vollkommenheit hat für ihn einen Sinn.
3. Der echte Meister akzeptiert Dünkel, Sturheit und Selbstliebe nicht, da er sich als einen Teil des unendlichen Geheimnisses sieht, zusammen mit allen anderen Lebewesen und gleich ihnen.
4. Der echte Meister macht keine überflüssigen Bewegungen, sagt kein unnötiges Wort, lässt kein Versehen zu, auch nicht in Kleinigkeiten. Denn er weiß, dass es für ihn keine Kleinigkeiten gibt, weil er ein Meister, die Verwirklichung der Vollkommenheit ist.
5. Die Vollkommenheit des Meisters manifestiert sich in der Vertiefung in die Quelle und in der aus ihr hervorgehenden Energie.
6. Der echte Meister bewahrt stets das Gefühl der unbegrenzten Herrlichkeit und Würde, weil die Meister die Götter unter den Menschen sind.
7. Der Meister weiß, dass sein Weg der Weg eines einsamen Vogels ist. Er hat kein Bedürfnis nach Anerkennung durch seine Begleiter. Auch im Kreis von Gleichen bleibt er immer selbsterfüllt.
8. Trotzdem fühlt der Meister eine große Liebe zu anderen und freut sich, wenn jemand den Weg findet oder Fortschritte auf dem Weg macht.
9. Wer kann die große Liebe des Meisters nachfühlen? Nur ein Meister.
10. Der echte Meister erscheint immer etwas ungewöhnlich für diese
Welt. Seine Extravaganz besteht im Empfinden der Vollständigkeit seines Lebens und seiner Methodik.
11. Wer das Empfinden der Vollständigkeit nicht erlangt hat, kann
nicht Meister genannt werden.
12. Ein Meister zu werden, ist ein unabdingbares Stadium auf dem
Weg zur Freiheit. Die Freiheit ist der Höhenpunkt im Zustand des Meisters. Ohne den Aufstieg auf die Stufe des Meisters kann die Freiheit nicht erreicht werden.
13. Ein Meister zu sein, bedeutet vollkommen zu sein.
14. Der echte Meister ist immer und natürlich voller Gelassenheit. Er lebt vertieft in die Totalität und die Schönheit des Seins mit dem Verständnis, dass jeder Augenblick immer der letzte ist und sich nie wiederholen kann.
15. Dem Weg treu zu sein, ist für ihn kein Muss. Es ist einfach sein Leben, sein Atem. Dem Meister kann es nicht passieren, dass er die Treue zu seinem Weg verliert und sich verirrt. Wem das passieren kann, der ist kein Meister.
16. Der echte Meister ist ein heimatloser Wanderer. Er geht nur in die Richtung, die ihm der Weg zeigt.
17. Der echte Meister lässt keine Kleinigkeit unbeachtet. Ohne Berechnung berücksichtigt er jede Kleinigkeit. Er lässt keinen Fehler auch in unwesentlichen Fällen zu.
18. Der echte Meister ist immer feinfühlig. Das subtilste Gespür für Schönheit und Kreativität begleitet ihn ständig auf dem Weg.
19. Der echte Meister ist sehr flexibel und erkennt den Weg unter allen Umständen. Aber nur er selbst weiß, was es ihm gekostet hat, diese Flexibilität zu erreichen.
20. Der echte Meister ist nicht an triviale Dinge wie Unterkunft, Familie, Alltag, Macht gebunden. Er lebt nur des Weges wegen. Nur der Weg zur Vollkommenheit hat für ihn eine Bedeutung.
21. Ein Dilettant neigt zu Übertreibungen. Nur der echte Meister ist in der Lage, das feine Gleichgewicht zwischen der kreativen Freiheit und der Selbstdisziplin, dem Spiel und der Bescheidenheit zu bewahren.
22. Für den echten Meister ist sein Leben ein Spiel des Unendlichen Geistes. Aber er weiß, dass in diesem Spiel über das Leben, den Tod und die Freiheit entschieden wird.
23. Freiheit und Vollkommenheit sind für den Meister eins. Ohne Vollkommenheit gibt es keine Freiheit, und ohne Freiheit hat Vollkommenheit keinen Sinn.
24. Freiheit bedeutet für den Meister, seinen Körper und seine Energie mit dem Unendlichen Geist zu vereinen. Und die Vollkommenheit ist der Ausdruck dieser Vereinigung in seinem Verhalten.
25. Der echte Meister hat keine Angst vor den eigenen Schwächen. Er lernt mit ihnen zu arbeiten bis sie sich zu seinen Stärken umgestalten.
26. Meister erkennen einander, ohne etwas zu sagen, an der Tiefe des Blicks, an der Art des Blicks und an Harmonie der Taten.
27. Der echte Meister lebt in der Welt seiner Methode und seiner Meisterkunst. Wer nicht in der Welt der Methode und der Kunstfertigkeit lebt, ist kein Meister.
28. Weil die Methode sehr tiefgreifend und flexibel ist, und die Kunstfertigkeit unbegrenzt gesteigert werden kann, hat die Welt des Meisters keine Beschränkungen.
29. Die Welt des Meisters ist die Welt seines reinen Geistes, entstanden dank der einwandfreien Anwendung der Methode.
30. Der echte Meister ist an nichts gebunden, stößt keine Möglichkeiten weg, tut aber auch nichts unnötig, auch in Kleinigkeiten.
31. Der echte Meister ist immer bescheiden und vergisst nie, dass er ein Teil des Unendlichen ist.
32. Der echte Meister lässt sich auf dem Weg nicht ablenken oder anhalten. Er weiß genau, dass sein Ziel sich nicht irgendwo und nicht in der Zukunft, sondern hier und jetzt in diesem Augenblick verwirklicht.
33. Der echte Meister muss nicht überzeugt werden. Ihm genügt eine kleine Andeutung. Während er der Rede zuhört, liest er die Zeichen.
34. Der echte Meister ist höchst selbstdiszipliniert. Auch im Schlaf. Nur ein anderer Meister auf gleichem Niveau kann ihn verstehen.
35. Das freimütige Spielen der Rollen führt nicht zum Verlust oder zur Schwächung des Selbst, sondern stärkt und bereichert den echten Meister.
36. Der echte Meister bewegt sich durch die Welt wie eine Wolke oder ein Laubblatt im Wind. Es gibt keinen Ort in der Welt, an den er gebunden wäre.
Kapitel 18
Der Weg
1. Zwei Seiten, zwei Gesichter hat der Weg. Die erste Seite, die menschliche, ist der Weg des Schülers. Die zweite ist die Seite des himmlischen Wanderers, der Weg des Meisters.
2. Der Weg des Schülers beginnt mit der Berührung des Unendlichen Geistes und der Suche nach der Lehre und dem Meister. Dieser Weg verlangt Selbstbeschränkung, Selbsthingabe, große Geduld, starken Willen und ständige Übung.
3. Der menschliche Teil des Weges endet mit dem Erkennen des Kerns der Dinge und dem Erreichen der eigenen Losgelöstheit. Der Schüler entspannt sich, lässt sich los und löst sich im Unendlichen auf. Durch die Auflösung im Unendlichen passiert er das Tor des Nichtstuns. Der menschliche Teil des Weges ist schwer, hart, streng. Er ist voller Zweifel und Unsicherheit.
4. Der zweite Teil ist der Weg der himmlischen Wesen, vereint mit dem Licht des Unendlichen Geistes. Das ist der Weg des Meisters.
5. Der Weg des himmlischen Wanderers beginnt, wenn der Meister das Tor des Nichttuns passiert, den Raum des Spiels des Unendlichen Geistes betritt und sich mit ihm vereint.
6. Die himmlischen Wanderer begrüßen den Meister am Tor des Nichttuns und zeigen ihm den Weg im Spielfeld des Unendlichen Geistes. Jeder, der sich dem Tor des Nichtstuns nähert, sieht die himmlischen Wanderer, was das Zeichen dafür ist, dass das Spielfeld des Unendlichen Geistes gefunden wurde.
7. Ab diesem Punkt wird der Weg zum Spiel im Raum des Unendlichen Geistes, wo alles mit ihm vereint ist.
8. Der Weg der himmlischen Wanderer ist mit Zauber, Freude, Begeisterung, Humor, Spontanität, Freiheit, Kreativität und dem Spiel mit allem gefüllt.
9. Mit dem Betreten dieser Seite des Weges erreicht der Meister das unvorstellbare Glück und die Leichtigkeit eines Himmelswesens. Er fliegt mit dem Wind, wandert mit den Wolken, spaziert auf dem Regenbogen, füllt die ganze Welt mit seinem eigenen Licht.
10. Auf dem menschlichen Weg müssen viele Regeln eingehalten werden. Der himmlische Weg hat nur eine Regel — frei zu sein in der Vereinigung mit dem Unendlichen.
Kapitel 19
Die Methode
1. Der echte Meister schätzt und ehrt seine Methode. Die Methode ist für ihn alles — der Weg, das Ziel, das Leben, das kreative Spiel, die Selbsthingabe, der Lehrer, der ihn nach vorne bringt, der Wächter, der keine Fehler zulässt.
2. Die Methode ist der Geist der allumfassenden Kraft, die in den Körper des Meisters eingegangen ist. Sie ist die Manifestation der absoluten Quelle in ihm, ihr Spiel in der Welt der Energien.
3. Die Methode ist die Manifestation der Weisheit, welche die Übertragung ermöglicht und das persönliche Ich des Neulings auflöst. Sie zerstört die Hoffnung und die Angst und zeigt ihm sein wahres Gesicht vor der Geburt.
4. Die Methode kann nur vom Meister zum Schüler übertragen werden.
5. Der echte Meister überträgt die Methode niemals an jemanden, der sie nicht schätzt, ihren Wert nicht versteht, ihre Größe nicht ehrt.
6. Der echte Meister ist ununterbrochen in die Methode vertieft. Genauer gesagt: Er selbst ist die lebende Methode, ihr verwirklichter Leib.
7. Der Meister weiß, dass seine Methode von den tausenden Methoden der anderen Meister untrennbar ist, dass es eigentlich nur eine wahre Methode gibt — die Vereinigung mit dem Geist der Vollkommenheit.
8. Die Methode ist für den Meister wie der Atem, die Knochen, der Leib.
9. Wenn die Methode die Tiefe des Weges aufzeigt, ist sie der Lehrer. Wenn sie das persönliche Ich abtrennt, ist sie die Quelle. Wenn sie für Unaufmerksamkeit und unzulässige Kompromisse bestraft, ist sie der Wächter des Weges, der den Geist der Vollkommenheit trainiert.
10. Die wahre Methode hat keine Form und keinen Namen. Der Meister macht jede Form und jeden Namen zur Methode.
11. Der Meister weiß, dass die Methode nur dann zur Freiheit führt, wenn man selbst ihre lebendige Verwirklichung ist. Der Neuling versteht das nicht.
12. Nur der ist ein Meister, der bis zum Höhepunkt der Selbsthin- gabe in der Methode gelangt ist, so dass sein falsches Ich verschwunden ist und die Methode sich mit der Weisheit vereint hat.
Kapitel 20
Die Linie des Meisters
1. Die Linie des Meisters stellt das Wissen von hunderten Gene- rationen an Meistern bis tief in die Antike dar. Mit dem Entschluss, dem Meister zu folgen, tritt der Schüler in die endlose Linie der vollkommenen Meister, der Träger und Wächter des Wissens, der Himmelswanderer ein.
2. Die vollkommenen Meister haben ihr Wissen über den Weg von den Himmelswesen erhalten, einige direkt vom Unendlichen.
3. Vor unvorstellbar langer Zeit waren sie auch Menschen, die den Weg der Freiheit betreten hatten. Sie haben die Erinnerung an den träumenden menschlichen Zustand behalten und ihr Wissen über den Weg an die Menschen weitergeben.
4. Diese Linie wurde nie unterbrochen und wird nach dem Willen der vollkommenen Meister und der Himmelsbewohner ewig existieren. Und der Wille der vollkommenen Meister und der Himmelswesen unterscheidet sich nicht vom Willen des Unendlichen, da sie seine lebendige Darstellung sind.
5. Weil mit der Zeit viele Linien unter der Wirkung der Träume schwächer werden und sogar verloren gehen, stellt das Unendliche sie immer wieder her und bildet neue Linien, indem es unter den träumenden Wesen einige Ausgewählten mit seinen Merkmalen findet.
6. Die ununterbrochene Linie von Meistern ist die Garantie, die das Unendliche dem träumenden Wesen gibt. Dies gewährleistet, dass der Weg offen ist. Wer ihm ehrlich und mit Vertrauen folgt, erreicht das Ziel, die volle Freiheit, das Vereinen mit dem Unendlichen.
7. So sorgt sich das Unendliche um seine träumenden Emanationen — die Menschen, die ihren Ursprung, das Unendliche vergessen haben.
Kapitel 21
Die Schule
1. Der echte Meister ehrt und schätzt die Prinzipien seiner eigenen Schule und Linie. Sie sind für ihn der Geist, das Leben, die Herrlichkeit und die Ehre des Weges. Er schätzt sie wie sein eigenes Herz.
2. Der echte Meister bewundert die Fähigkeiten derjenigen, die ihn übertreffen und hat großen Respekt vor seinesgleichen.
3. Der echte Meister ehrt seinen eigenen Meister, bewundert seine Meisterschaft mit großer Liebe und Hingabe aus den Tiefen seines Herzens.
4. Die Gebote der Vorgänger auf dem Weg sind richtungweisende Gesetze, eine Karte für den Meister. Das heißt nicht, dass er sich bedenkenlos an ihnen festhält. Ihnen folgend sucht, entwickelt und erschafft der Meister immer Neues. Denn dort, wo es keine Kreativität gibt, fehlt die Grundlage der Freiheit. Und das ist eines der Gebote derjenigen, die weit vorne auf dem Weg sind.
5. Der echte Meister ist immer treu. Er bewahrt die Ehre der Meister mit all seinen Kräften. Diese Ehre liegt nicht im Festhalten an Regeln, in Auszeichnungen, im Ansehen. Es ist die ständige Selbsthingabe an die Methode und an den Weg.
6. Die Ehre der Schule und der Linie steht für den Meister weit über seinem persönlichen Ich. Denn sie stellen die Verwirklichung des Weges dar. Die äußeren Zeichen und Erfolge haben keine Bedeutung. Nur sich dem Weg und dem Geist der Vollkommenheit zu widmen, ist für ihn ehrenwert. Der Meister fühlt sich als Sohn der großen Meister der Schule und der Linie.
7. Die Schule des Meisters ist die offenbarte Energie des Unendlichen Geistes, die sich als seine Lehrer offenbart und ihn am Anfang seines Weges führt.
8. Die eigene Schule zu ehren, bedeutet nicht, die anderen nicht zu achten. Jeder, der dem Weg der Vollkommenheit folgt, ist der Achtung würdig.
9. Der echte Meister steht nie im Widerspruch zum Weg, zur Schule, oder auch zu einem träumenden Menschen. Er ist selbst die Realisation von Flexibilität und Harmonie. Sich in einen Streit zu verwickeln, würde bedeuten, sie zu verlieren.
10. Niemand kann sich der Schule nähern und in sie einsteigen, ohne die Anfangsprüfungen zu bestehen. Außerdem muss die Entschlossenheit bewiesen werden, sich dem Weg der Vollkommenheit voll zu widmen. Das ist ein Gesetz der Meister.
Kapitel 22
Übergabe des Feuers
Die Schulung
1. Es ist unmöglich, Meister zu werden, ohne bei einem anderen Meister zu lernen.
2. Um das Wissen zu erhalten, ist der Meister bereit, bis ans Ende der Welt zu gehen.
3. Um auch nur einen Zentimeter voranzukommen, ist der Meister bereit, Jahre lang zu arbeiten.
4. Auch für einen kleinen Erfolg kann er ständig strenge Selbstdisziplin halten.
5. Der echte Meister gibt die Geheimnisse des Weges nicht an jemanden weiter, der den Weg nicht geht. Nicht wegen eines Verbots oder wegen des eigenen Stolzes, sondern aus Respekt vor der Methode und dem Weg.
6. Der echte Meister lebt nicht dort und unter denjenigen, wo die äußeren Bedingungen ihn hindern, den Weg zu gehen. Als Meister kennt er die optimale Strategie und Taktik auf dem Weg.
7. Dem Meister ist seine Unvollkommenheit bewusst, und er weiß, dass die Vollkommenheit keine Grenzen und der Weg kein Ende hat.
8. Der echte Meister lehrt nur diejenigen, die sich wie er selbst würdig und treu dem Weg widmen.
9. Der echte Meister sucht keine Schüler. Die Methode und der Weg selbst führen ihn und seine Schüler zusammen.
10. Ein Neuling, der die Fähigkeiten des Meisters bewundert und beneidet, muss wissen, dass auch seine sehr großen Hoffnungen erfüllbar sind. Dafür muss er aber alle seine Illusionen aufgeben und übersteigen. Und die größte von ihnen ist sein eigenes Ich.
11. Der echte Meister ist ein Meister für sich selbst und das Sein und nicht für die anderen. Das Führen und Lehren von Anderen ist ein Tribut an seine Linie.
12. Ohne Schulung mit vielen harten Tests ist es unmöglich, Meister zu werden.
13. Es gibt nichts, was ein neuer Meister im Laufe der Schulung bei einem echten Meister nicht übernehmen könnte. Natürlich vorausgesetzt, er setzt alle seine Kräfte ein.
14. Dank einer richtigen Schulung öffnen sich für den neuen Meis- ter auch solche Geheimnisse des Weges, die ein Neuling gar nicht erahnen kann.
15. Der Meister versucht niemanden zu überzeugen, den Weg zu gehen und an die Methode zu glauben. Wenn er die Anzeichen dafür sieht, sagt er, dass der Weg offen ihm steht, aber derjenige, der den Weg gehen will, muss seine Bereitschaft beweisen.
16. Durch Lernen ununterbrochen zur Vollkommenheit zu gehen, bedeutet nicht, irgendwohin vorwärts zu kommen. Es ist die Kunst, hier, im gegenwärtigen Moment, zu bleiben.
17. Der echte Meister weiß, dass er nichts an den Schüler weitergibt, was dieser nicht hat. Aber um es zu verstehen, muss der Schüler vieles überstehen. Dabei unterstützt ihn der Meister.
Kapitel 23
Das Netz des Geistes
Der Wissenstrick
1. Der Meister weiß, dass ein Schüler nicht in der Lage ist, sofort und direkt die Anforderungen der Linie zu befolgen. Deswegen benutzt der Meister in den ersten Jahren einen Wissenstrick.
2. Er lenkt die Aufmerksamkeit des Schülers auf zweitrangige Dinge, die nicht direkt zum Weg der Befreiung gehören.
3. Diese Methode ist ein Trick des Meisters, das Wissen indirekt, verschleiert beizubringen. Sie wird der Wissenstrick genannt.
4. Der echte Meister ist sehr geschickt darin, Tricks anzuwenden. Diese Kunst ist Folge seiner Flexibilität.
5. Es gibt kein Wissensgebiet, das der Meister nicht im Rahmen des
Tricks benutzen könnte.
6. Abhängig vom Charakter des Meisters und den Interessen des Schülers kann der Wissenstrick sehr unterschiedlich ausfallen.
7. Einige Meister benutzen Geschichten über Himmelswesen oder über Meister der Vergangenheit. Andere verwenden komplizierte Systeme und Ordnungen. Die Aufgabe, eine gewöhnliche Tätigkeit auszuüben, ohne die Erwartung, dafür belohnt zu werden, ist auch einer von den Tricks.
8. Mit Hilfe des Wissenstricks wird die Traumsicht des Schülers durch eine neue ersetzt, wodurch er das Aufblitzen des Geistes erlebt, und das Strahlen des Unendlichen in ihm verstärkt wird.
9. Dieses Strahlen zu sammeln, ist genau das Ziel des Einsatzes von Wissenstricks.
Kapitel 24
Die Fehler des Schülers
1. Wenn der Schüler den Weg betritt und sich dem Meister nähert, passieren ihm viele Fehler, da seine Überzeugungen noch auf den Träumen des Verstandes basieren.
2. Der Meister stellt ihn in solche Situationen, wo diese falschen Vorstellungen sich deutlich zeigen.
3. Der Meister weist kompromisslos auf diese Vorstellungen des Traumzustandes hin und hilft, die daraus entstandene Hemmung zu lösen.
4. Sogar schon eine kurze Anwesenheit des Meisters kann die Träume des Verstandes entmächtigen.
5. Je bereiter der Schüler ist, desto kompromissloser geht der Meister vor.
6. Der geschickte Meister kann leicht eine Situation hervorrufen,
in der sich die Träume wie ein Nebel auflösen.
7. In der Nähe eines solchen Meisters zu leben ist ein seltener Segen für den Suchenden. Jeder Moment seines Lebens wird zum Aufblitzen des Geistes.
Kapitel 25
Das Einsehen der Fehler
1. Wie beginnt das Lernen in der Schule des Meisters? Die Fehler müssen erkannt werden. Ohne Einsehen der Fehler kann der Meister dem Schüler nicht helfen und ihn in seine Schule aufnehmen.
2. Durch das Einsehen der Fehler erkennt der Schüler, wie leer, sinnlos und unwürdig sein Leben war, bevor ihn der Ruf des Unendlichen Geistes erreicht hat, und er den Weg der Befreiung betreten hat. Nach dieser Einsicht entschließt er sich, seine Lebenszeit nicht an die Eitelkeit zu verschwenden.
3. Dabei wird auch klar, wie oft der Schüler sich von dem Ruf des Unendlichen weglenken ließ, Kompromisse bei seiner Suche zugelassen hat, seine dunklen Seiten verwöhnt hat, den Träumen nachgegeben hat.
4. Mit Erkennung der Fehler bedauert der Schüler aufrichtig, mit welcher Sinnlosigkeit er seine Kräfte auf die Jagd nach fiktiven Zielen verschwendet hat, die nicht mal ein Tausendstel eines einzigen Aufblitzens des Unendlichen wert waren.
5. Nun verspricht der Schüler sein Leben total zu ändern, es so umzuordnen, dass jeder Moment dazu benutzt wird den Weg zur Vollkommenheit zu gehen. Er schwört von ganzem Herzen, zukünftig immer der Ehre seines Meisters würdig zu sein.
6. Um Meister zu werden, entwickelt der Suchende strengste Selbstdisziplin, die nicht einmal den kleinsten Fehler erlaubt.
7. Als Meister sieht er später, dass all seine früheren Fehler keine wirklichen Fehler waren. Es waren nur Träume des Verstandes.
Kapitel 26
Die Dunkelheit der Seele
Der Kontakt zum Meister
Das Erkennen des Träumens
1. Mit dem Einsehen der Fehler erkennt der Schüler die Tatsache an, dass er ein träumendes Wesen ist und anstatt der Realität nur Träume des Verstandes erlebt. Wenn der Schüler einen guten Zugang zum Strahlen des Unendlichen hat, genügt eine solche Anerkennung, um ein helles Aufblitzen des Geistes zu erleben und diesen Zugang zum Strahlen wesentlich zu erweitern.
2. Die Anerkennung seiner selbst als träumendes Wesen öffnet dem Schüler die Augen im Hinblick auf seine Realität und auf seine nicht beneidenswerte Position darin.
3. Diese Anerkennung entsteht nicht leicht und nicht sofort. Bei manchen kommt sie erst nach mehreren Jahren des Lernens hervor. Aber es gibt keinen anderen Weg. Ohne diese Anerkennung ist es unmöglich, sich der Schule der Meister zu nähern und die ersten Schritte auf dem Weg zur Freiheit zu machen.
4. Blinder Glauben an eigene oberflächliche Fähigkeiten ist das,
was die Träume zur scheinbaren Realität werden lässt.
5. Mit der Anerkennung des eigenen träumenden Zustandes wird der Schüler quasi neugeboren. Seine Gleichgültigkeit und Arroganz vergehen. Alle seine Pläne und Ziele erscheinen wie das Plappern eines Wahnsinnigen. Sein Leben als Individuum erkennt er zum ersten Mal als das, was es wirklich ist: ein sinnloses, unendliches Wandern im Kreis der Träume.
Mit der Anerkennung seiner selbst als einem Träumenden begreift der Schüler, dass er nichts weiß, weil all sein Wissen aus den Träumen des Verstandes stammt. Und dass auf dem Weg zur Freiheit dieses Wissen nichts wert ist und nur stört. Der Meister sagt ihm: “Wenn du zum Ozean kommst – ist dein Wissen über einen Brunnen ein Hindernis”.
6. Zu diesem Zeitpunkt trennt sich die Welt quasi in zwei Teile. Wenn der Mensch auf dem Weg sieht, wie die Träumenden weiterhin sinnlos im endlosen Kreis bleiben, planen und lachen, kann er kaum die Tränen seines Mitleids zurückhalten, da er nicht in der Lage ist, den Träumenden gegen ihren Willen zu helfen und ihnen etwas zu erklären.
Kapitel 27
Die Zeit des großen Zweifels
Die Tiefe der Träume
1. Mit der Anerkennung seiner selbst als Träumendem verschwinden die Träume des Verstandes nicht.
2. Im Gegenteil — noch klarer und schmerzhafter merkt man, wie tief und zäh die eigenen Träume sind, und wie kräftig sie einen halten und für keinen Augenblick ihre Ketten lockern.
3. Einige Schüler lachen darüber und gehen leicht und sicher den Weg.
4. Andere werden wütend auf die Träume und sehen sie als eine Herausforderung an. Sie kämpfen mit ihnen. Für sie geht es um Siegen oder Sterben.
5. Dritte geraten in große Verzweiflung, so dass ihnen die Tränen kommen. Dann sagt der Meister: „Das Leben des Menschen auf dem Weg ist voller Freude. Aber es ist auch ein Lächeln mit Tränen in den Augen.“
6. Ein klares, wenn auch schmerzliches Begreifen der eigenen Träume ist ein sicheres Zeichen, dass der Schüler angefangen hat, sich von den Träumen des Verstandes zu befreien.
7. Diese Zeit wird von den Meistern als die Zeit des großen Zweifels bezeichnet, weil für den Schüler nichts wie zuvor bleibt, nachdem er begriffen hat, dass er in den Träumen des eigenen Verstandes lebt.
8. In der Zeit des großen Zweifels empfindet sich der Schüler wie in einer leblosen Wüste. Nichts kann ihn mehr trösten, ihm ein Gefühl der Sicherheit und des Komforts geben.
9. Dann kommt aus der Tiefe der Seele des Schülers ein verzweifelter, hoffnungsloser Hilferuf an den Meister und an den Unendlichen Geist.
10. Dieser Ruf ist so aufrichtig und stark, dass die Träume sich zitternd verringern und ihren Griff lockern.
11. Dann hört der Schüler zum ersten Mal die klare Stimme des Unendlichen. Sie kommt aus dem Punkt seines Geistes, an dem keine Träume vorherrschen, wo es keinen Zweifel gibt, keinen träumenden Verstand. Es kommt einem so vor, als ob eine kaum hörbare Stimme in das eigene Herz eindringt und flüstert: „Suche nicht nach der Realität. Befreie dich von dir selbst.“
12. Wenn der Schüler diese Stimme hört, scheinen die Welt und die Träume innezuhalten und sich in etwas anderes zu verwandeln.
Kapitel 28
Die Stimme des Unendlichen
1. Die Stimme des Unendlichen erteilt dem Suchenden Unterricht und hilft ihm, sein eigenes Geheimnis zu erkennen — das Geheimnis seiner Würde und Herrlichkeit als Teil des Unendlichen. Sie sagt ihm, dass es ihn als ein separates, denkendes Wesen, unabhängig vom Unendlichen niemals gab. Es gab nur die Träume des Verstandes, die diese Illusion hervorriefen.
2. Das Erste, was man tun muss, ist damit aufzuhören, sich als unabhängige Person ernst zu nehmen.
3. Diese Unabhängigkeit ist eine falsche Vorstellung. Sie hat sehr starke Wurzeln ausgebildet, aber diese Individualität ist nur eine Vorstellung.
4. Dieses Begreifen gibt dem Suchenden ein starkes Aufblitzen des Geistes und ändert sein Verhältnis zu sich selbst, zur Welt der Träume und zum Unendlichen radikal.
5. So wird der Schüler zum echten Menschen des Weges mit großem Respekt vor dieser Wahl.
6. Sein Geist wird gefasst, seine Aktionen ausgeglichen, die Rede klar und deutlich. Er ist wach und heiter, wie ein Kämpfer vor dem entscheidenden Kampf.
7. Zu diesem Zeitpunkt macht der Mensch des Weges eine unglaubliche Entdeckung. Er erkennt, dass auch die Träume, seine eigenen wie auch fremde, in ihrem Kern ebenfalls Ausstrahlungen und ein Teil des unbegreifbaren Spiels des Unendlichen sind.
8. Er sieht, dass die Macht des Unendlichen die träumenden Wesen nie verlässt. Sogar in den Träumen des Verstandes ist sie mit ihrer ganzen Herrlichkeit präsent.
9. Sein feindseliges Gefühl gegenüber den Träumen, sich selbst und den anderen träumenden Wesen verwandelt sich in Ehrfurcht. Er fühlt die Fähigkeit, seine Würde als eine Emanation des Unendlichen zu erkennen und zu schätzen.
Kapitel 34
Das Geheimnis
1. Das Unendliche ist ein endloses Geheimnis, das nicht enträtselt werden kann.
2. Auch die Meister und die Himmelswanderer können nicht hinter dieses Geheimnis kommen. Sie können nur ein Teil davon werden.
3. Der Weg zur Freiheit ist das immer tiefere Eindringen in das unendliche Geheimnis.
4. Das Leben des Menschen auf dem Weg ist ein ununterbrochenes Geheimnis. Vor allem für ihn selbst.
5. Wenn das Unendliche als etwas Bekanntes beschrieben wird, ist das nicht das Unendliche, sondern eine Fälschung, die in den Träumen des Verstandes der träumenden Wesen entstanden ist.
6. Kein Meister berichtet über das Unendliche wie über etwas Gewisses.
7. Auch wenn es manchmal so scheinen mag, ist es nur ein Trick und keine wirkliche Beschreibung des Unendlichen.
8. Wenn der Schüler dem Geheimnis begegnet, verändert sich sein Leben und die Welt. Nichts kann mehr gleich bleiben für jemanden, den das Geheimnis des Weges berührt hat.
9. Nach mehreren Jahren auf dem Weg gewöhnt er sich quasi daran, dass sein Leben ständig geheimnisvoller wird. Aber kann man sich wirklich an das Unmögliche gewöhnen?
10. Er bewahrt das Geheimnis seines Weges sehr sorgfältig und verbirgt es vor den Augen der Neugierigen wie einen Edelstein.
11. Er macht dies nicht aus Eitelkeit. Das ist einfach eine Eigenschaft des Weges.
12. Nachdem der Unendliche Geist den Schüler berührt hat, wird
dessen Leben unbegreiflich für die träumenden Wesen.
13. In den Träumen des Verstandes scheint es ihnen so, als ob man sich alles Unbekannte bekannt machen kann. So versuchen sie, wenn sie vom Geheimnis hören, es zu enträtseln, es zu beschreiben, es zu etwas Bekanntem zu machen. So versehen sie das Geheime mit Etiketten aus ihren Träumen und denken, dass sie es geknackt haben. In der Wahrheit haben sie sich durch Bewertungen aus ihrer Vergangenheit nur selbst aus dem Geheimnis ausgesperrt.
14. Der Mensch des Weges lacht, wenn er sieht, wie das Unendliche sich vor den träumenden Wesen versteckt, damit sie in den Träumen des Verstandes bleiben und ihre gewöhnlichen Tätigkeiten weiter ausführen können.
15. Im Leben der träumenden Wesen gibt es keine Geheimnisse. Auf jeden Fall kommt es ihnen so vor. Trotzdem sind sie selbst und ihr Leben ein großes Geheimnis, das sich vor ihnen verbirgt.
Kapitel 35
Das Bewahren des Geheimnisses
1. Ein Suchender, der nicht in der Lage ist, das Geheimnis zu be- wahren, wird sich niemals einem Meister nähern.
2. Wer nicht gelernt hat, das Geheimnis zu bewahren, kann keinen einzigen Schritt auf dem Weg machen, ohne zu stolpern.
3. Die Meister der Vergangenheit sagten, dass das Bewahren des Geheimnisses die heilige Beziehung zu der großen Kraft unterstützt.
4. Ein Schüler, der das Gefühl des Geheimnisses verliert, ist kein Schüler mehr, genau wie ein Vogel ohne Flügel nicht fliegen kann.
5. Wenn ein Schüler bedenkenlos über das Geheimnis spricht, und seine Gewohnheiten in den Geist des Weges einzubeziehen versucht, verliert er die Unterstützung der Förderer und Wächter des Weges. Denn für sie ist es unannehmbar, sich an etwas zu binden, etwas zur Gewohnheit zu machen. Der Schüler spürt, dass der Geist des Weges ihn verlässt.
6. Das Geheimnis zu bewahren bedeutet nicht, etwas zu verheimlichen. Der Mensch auf dem Weg besitzt nichts für sich allein, hat nichts zu verbergen. Er bewahrt und beschützt den geheimen Geist der heiligen Beziehung.
7. Die Ehrfurcht des Schülers vor dem Geheimnis des Weges zieht das Aufblitzen des Unendlichen Geistes und die herabkommende Kraft an und beschenkt ihn mit dem Gefühl unendlicher Größe.
Kapitel 42
Die vier erhobenen Gefühle
1. Nach dem der Meister den Schüler getestet hat, beginnt er, ihn als erstes zu lehren, wie man eine neue Wahrnehmung von sich selbst und der Welt gewinnt.
2. In den Träumen des Verstandes ist der Schüler lange Zeit im endlosen Kreis gewandert, deswegen ist sein Geist am Anfang je nach seiner Natur schwach, widrig, melancholisch, neidisch, eifersüchtig oder arrogant.
3. Um sich vor der dunklen Seite der Seele zu schützen, pflegt der
Schüler die würdevollen Gefühle der Himmelswesen.
4. Das erste Gefühl: die endlose, grundlose Freude, die die Dämmerung der Seele und den unterdrückten Geist erhellt. Sie lässt den Schüler beim Anblick des Himmels, der Berge, der Sterne über dem Kopf, des Grases unter den Füssen vor Glück tanzen.
5. Im Augenblick dieser Freude empfindet sich der Schüler als eins mit dem Unendlichen.
6. Das zweite Gefühl: die unendliche Liebe gegenüber allem, die seine ablehnenden Charakterzüge bezähmt. Sie erlaubt es, die Welt für kurze Momente so wahrzunehmen, wie sie der Unendliche Geist wahrnimmt.
7. Beim Trainieren dieser Verliebtheit in die ganze Welt beginnt der Schüler, die Träume über das Schlechte und das Gute zu löschen, um irgendwann zu verstehen, dass alles, was in dieser Welt erscheint, unaussprechbar, heilig, zauberhaft, vollkommen und liebenswert ist. Schlecht oder gut erscheint es nur in Abhängigkeit von den Umständen des Träumenden und dem Standpunkt des Verstandes.
8. Das dritte Gefühl: die endlose Empathie, das Mitgefühl, die Fähigkeit, die Anderen wie sich selbst zu empfinden.
9. Die Empathie verbannt das Gefühl der eigenen Besonderheit des Schülers, das seinen Geist eitel, ehrgeizig und arrogant macht.
10. Die endlose Empathie zieht die Abdeckung vom träumenden Verstand ab und bringt den Schüler auf die Ebene der überpersönlichen Wahrnehmung, wo sein Geist über die Grenzen des Ichs hinausgeht und die unzähligen Lebewesen im Universum als ein Ganzes erlebt.
11. Das vierte Gefühl: die große Losgelöstheit, die Leidenschaftslosigkeit, die dem Schüler hilft die beeindruckenden Geheimnisse des Unendlichen zu erleben, das Unsichtbare wahrzunehmen, die Ewigkeit zu berühren, dabei den Verstand nicht zu verlieren und zu leben, zu lächeln, so als ob nichts wäre.
12. Nach dem Gewinnen dieser erhebenden Gefühle bemüht sich der Schüler, sie so zu pflegen und zu entwickeln, dass sie die Dämmerung seiner Seele, seine Eitelkeit, und Selbstliebe ganz verdrängen und den Weg zur Herrlichkeit der Himmelswesen freimachen.
Kapitel 43
Das Strahlen des Geistes
1. Das Strahlen des Geistes als Gefühl entspricht einer guten Stimmung des Schülers, der ständigen Empfindung von Freude und Glück.
2. Die Eigenschaften der Himmelswesen, der Kinder der Götter, sind Ausstrahlungen des Geistes.
3. Dies sind die Herrlichkeit, die Eleganz, die Schönheit und die Weisheit, der Wille, die Freude und die Inspiration zugleich.
4. Dies ist alles, was beim Schüler auf dem Weg die Kreativität, die Liebe, die Begeisterung fördert.
5. Das Strahlen des Geistes verdrängt die Dämmerung der Seele des Schülers, vernichtet die dichten Träume. Danach wird das Strahlen stark, und der Schüler ähnelt einem Himmelswesen.
6. Die Schulung beginnt immer mit dem Sammeln des Strahlens des Geistes. Ohne diesen Vorrat ist das Beschreiten des Weges undenkbar. Nur dank des Strahlens des Geistes kann der Schüler den Ruf der Unendlichkeit hören.
7. Das alles ist nur möglich, weil das starke Strahlen des Geistes
die hartnäckigsten Träume des Verstandes auflösen kann.
Kapitel 44
Das Sammeln des Strahlens
1. Wie wird das Strahlen des Geistes gesammelt? Der Schüler sammelt dieses Strahlen, indem er die Aufgaben des Meisters sehr sorgfältig erfüllt. Er erweckt bewusst hohe, erhabene Gefühle und sammelt sie.
2. Wenn das Strahlen sich ansammelt, wird es für andere bemerkbar als eine nach außen strahlende Klarheit, die den Schüler mit den besten Eigenschaften beschenkt, wie Geduld, Selbsthingabe, Engagement, Willen, vollkommene Akzeptanz und die ständige Erinnerung an das Unendliche.
3. Man sagt, dass alle diese Eigenschaften von selbst kommen, sobald der angesammelte Vorrat des Strahlens groß genug geworden ist.
Kapitel 45
Der Anfang des Weges
Der Eid des Schülers
1. Wenn der Suchende die Schule des Meisters betritt, legt er einen Treueid zum Weg ab und verspricht, fleißig zu lernen und würdig der Linie des Meisters zu folgen.
2. Obwohl er diesen Eid vor dem Meister und den anderen Schülern leistet, macht er das nicht für die Anderen, sondern nur für sich selbst. Dieser Eid ist notwendig, um den Glauben an die eigene Wahl und den Respekt vor ihr zu stärken.
3. Auch nach dem Betreten des Weges glaubt der Schüler noch nicht ganz, dass er den Weg geht, und dass sich sein Leben schon unwiderruflich zu verändern begonnen hat.
4. Mit dem Eid verspricht der Schüler, den Weg entsprechend den Erklärungen des Meisters zu gehen.
5. Das ist notwendig, weil der Weg unglaublich subtil ist und viele unvorhersehbare Seiten hat. Schon die geringste Nachlässigkeit oder ein Fehler im Verständnis kann Jahrzehnte der Vorbereitung und der Bildung auslöschen. Ein sich respektierender Schüler kann sich dies nicht erlauben.
6. Mit dem Eid verspricht der Schüler, die eigene Wahl, den Meister und seine Begleiter immer mit großem Respekt zu behandeln. Er bekundet seine Absicht, die Ehre der alten Meister immer hochzuachten und seinen eigenen Weg zur Freiheit ehrwürdig zu gehen.
Kapitel 46
Die Annahme der Regeln
1. Am Anfang erklärt der Meister dem Schüler die Regeln, die auf dem Weg gehalten werden müssen. Die Regeln sind von den alten Meistern der Vergangenheit festgelegt. Sie sind aus den Erfahrungen auf dem Weg zur Freiheit entstanden.
2. Der Meister sagt, dass das Einhalten der Regeln dieser Meister eine enorme Kraft und Macht über die Träume des eigenen Verstandes verleiht, das Strahlen verstärkt und den Geist des Schülers ausgleicht und unverwundbar macht.
3. Am Anfang des Weges ist der Geist des Schülers noch schwach und das Strahlen unscheinbar, die Loslösung vom Ich und der Wille dafür noch nicht entwickelt. Deswegen ist das Begehen des Weges ohne die Einhaltung der Regeln schlimmer, als den Weg gar nicht zu gehen.
4. Die Regeln sind wie Schutzschilder, die den Geist des Schülers Tag und Nacht vor den Feinden und den Fallen auf dem Weg absichern.
5. Der Schüler, der die Regeln klug beachtet, entwickelt leicht die Loslösung vom Ich und betritt das Feld der Spiele des Unendlichen. Die Unfähigkeit, die Regeln einzuhalten, weist darauf hin, dass der Schüler noch nicht genug Strahlen gesammelt hat. Er ist nicht losgelöst und unflexibel. Sein Weg wird schwer sein und kaum noch in diesem Leben in der Freiheit enden.
Kapitel 47
Der Kern der Regeln
1. Jede Linie der Meister hat eigene Regeln. Die Regeln selbst sind relativ und beziehen sich auf bestimmte Umstände und Situationen, ohne die sie keine eigenständige Bedeutung tragen. Wie die Regeln lauten, ist im Grunde egal. Aber hat er sich einmal entschieden, die Regeln anzunehmen, muss der Schüler bereit sein, sie um jeden Preis einzuhalten.
2. Der Meister erklärt, dass ohne das Begreifen des Kerns der Regeln diese zu neuen Träumen werden können. Daher ist es beim Einhalten der Regeln wichtig, ihren Kern zu erspüren und zu verstehen.
3. Die Regeln der alten Meister sind nicht mit der Moral der träumenden Wesen zu verwechseln, obwohl sie diese auch nicht ausschließen, solange sie auf dem Weg hilft.
4. Einige Meister meinen, dass die Moral der Wesen, die in der Welt der Träume leben, ursprünglich von den Regeln der Meister auf dem Weg stammt.
5. In die Welt der Träume eingedrungen, wurden diese Regeln missverständlich als etwas Festes, Unantastbares angenommen und sind so zu neuen Träumen geworden. Manchmal helfen sie den träumenden Wesen, das Strahlen des Unendlichen zu sammeln. Aber wenn man ihnen blind folgt, werden sie zu Fesseln des Verstandes und beschränken den Willen, den Geist der Freiheit, der in jedem Lebewesen als ein innerer Ruf existiert.
6. Die Regeln helfen, den Geist der Freiheit im Schüler zu hüten. Der Kern der Regeln ist das Trainieren des Willens und der Loslösung vom Ich des Schülers, die Pflege der Energie und das Sammeln des Strahlens. Wichtig ist der Geist der Ganzheit, den die Regeln in sich tragen, und nicht ihre Form.
Kapitel 72
Das Sammeln des Aufblitzens des Geistes
1. Der Schüler strebt danach, immer mit der Erinnerung an das Unendliche zu leben und sucht das Aufblitzen des Geistes. Er sucht es, um sich in es hinein zu versenken, um es zu sammeln, es zu bewahren. Je erfahrener der Meister wird, desto häufiger kommt das Aufblitzen, und desto länger dauert es.
2. Schließlich kommt der Zeitpunkt, ab dem das Leben des Meisters nur noch aus einer ununterbrochenen Reihe von hellstem langanhaltenden Aufblitzen besteht, das nie mehr verblasst und sich wellenartig immer wieder erneuert, sich wie ein Waldbrand oder eine gigantische Welle ausbreitet.
3. Dann sind keine Anstrengungen mehr notwendig. Vom Meister werden dann nur vollkommene Akzeptanz und totale Selbstloslösung verlangt.
4. Nur unter dem Einfluss einer fortlaufenden Reihe dieses Aufblitzens kann sich der Schüler ganz loslassen. Dies ist nicht möglich, wenn die Momente dieses Aufblitzens des Unendlichen Geistes nur getrennt und unterbrochen aufkommen.
5. Es ist ein sehr starker Anlass als Bedingung notwendig, damit die Träume des Verstandes den Geist des Schülers verlassen. Die ununterbrochene Reihe des Aufblitzens ist eine solche Bedingung.
6. Wenn der Meister das Aufblitzen weiter sammelt, erscheint es irgendwann für ihn wie eine unendliche Lichtmauer oder eine strahlende Sphäre, die ihm jede Sekunde Inspiration und herabkommende Kraft schickt.
Kapitel 73
Die Gabe des Unendlichen Geistes
Die herabkommende Kraft
1. Dann fällt die Mauer, und der erschütterte Schüler sieht die Welt, wie sie voll und ganz aus dem Aufblitzen, aus dem Licht der Klarheit des Unendlichen besteht. Sie ist wie ein großer Lichtozean, wie eine Milliarde Sonnen zusammen. Sie öffnet sich dem Schüler von allen Seiten und geht in ihn ein.
2. Eine Lawine von Momenten des Aufblitzens ist ein außergewöhnlich großartiges Schauspiel für den Schüler. Er wird von den Himmelsbewohnern und den Himmelswanderern mit Freude begrüßt.
3. Alles, was der Schüler in diesem Stadium machen muss, ist lediglich, dem Ruf des Unendlichen nicht zu widerstehen, sich loszulassen, die Lawine des Aufblitzens in sich hineinzulassen, damit sie die dichtesten Energien in ihm beleuchtet.
4. Eine solche Lawine des Aufblitzens wird die herabkommende Kraft genannt. Manchmal kommt diese Kraft zu den Meistern wie eine spielerische, wundersame, eigensinnige, aber sehr mächtige Welle von Inspiration und Glückseligkeit, manchmal wie ein elegantes, raffiniertes, geheimnis- und zaubervolles Lied des Geistes. Manchmal ist sie umwerfend prächtig und unermesslich heftig.
5. Wer es geschafft hat, diese Kraft anzurufen und zu erobern, ist der Beste unter den Meistern.
6. Er bedarf keiner Disziplin und Einschränkungen mehr, da der menschliche Teil seines Weges beendet ist. Sein Geist ist voll und ganz von der mächtigen Kraft erfasst, die Tag und Nacht auf ihn herabkommt.
7. Wenn der Schüler die herabkommende Kraft erlebt, tanzt er vor großer Freude, weil er endlich gefunden hat, was er das ganze Leben gesucht hat.
8. Die herabkommende Kraft ist die direkte Schau des Unendlichen. Nichts, kein Traum, kann widerstehen, wenn der Meister sich ihr voll ergibt.
9. Er öffnet sich dieser Kraft, lernt das Selbst dabei nicht zu verlieren, und erobert sie so.
10. Sie kann nur erobert werden, indem man ihr alle Träume schenkt und sich ihr ohne Angst, ohne Ziele und ohne Wünsche nach eigenen Vorteilen ergibt.
11. Eine bedingungslose ehrliche Selbsthingabe ist das, was die herabkommende Kraft hervorruft und sie dazu bewegt, dem Meister vorbehaltlos zu dienen.
12. Die herabkommende Kraft wirkt kontinuierlich und bereitet den Körper und die Energie des Meisters allmählich auf den großen Übergang vor.
Kapitel 76
Der Flug des Pfeils
Die Kontemplation des natürlichen Zustandes
1. Die Kontemplation des natürlichen Zustandes bedeutet für den Meister, immer die eigene Unendlichkeit zu empfinden.
2. Der Stimme des Unendlichen Geistes zuzuhören und den natürlichen Zustand zu betrachten, ist für den Meister identisch.
3. Wenn der Schüler das ständige Erinnern an das Selbst erlangt hat und sich ganz losgelassen hat, kann gesagt werden, dass er das natürlichen Zustand schaut.
4. Die Betrachtung des natürlichen Zustandes ist immer und in allem die goldene Regel des Meisters.
5. Die Kontemplation des natürlichen Zustandes unterscheidet sich vom Erinnern an das Selbst. Erinnert sich der Schüler an das Selbst, erfasst er nur den menschlichen Teil von sich. Nur wenn er sich loslässt, erkennt er das Geheimnis des natürlichen Zustands.
6. Am Anfang der Betrachtung des natürlichen Zustandes verstärkt der Schüler nur das Bewusstsein des Selbst. Dann lässt er sich los und öffnet sich der herabkommenden Kraft, um sich im Unendlichen aufzulösen. Bei der Auflösung erkennt er das Selbst. Mit dieser Erkennung erinnert sich der Meister an das Unendliche, an das, was ist und was immer war. Man sagt, dass er den natürlichen Zustand schaut.
7. Die Kontemplation des natürlichen Zustandes bedeutet, das Unendliche so zu sehen, wie es ist, ohne Beurteilungen, ohne Bewertungen. Es ist wie ein Leben in der Mitte des Universums oder auf dem Gipfel des höchsten Berges, von dem aus man alles sehen kann.
8. All die Jahre der Übungen sind notwendig, um in den natürlichen Zustand einzugehen und das leise Lied des Unendlichen zu hören.
9. Wenn der Schüler jahrelang im natürlichen Zustand lebt, erreicht er den einheitlichen Geschmack zu allem und die volle Erkenntnis des Selbst.
10. Der wahre Meister lebt von Tag zu Tag, von Jahr zu Jahr nur im natürlichen Zustand. Er atmet, denkt, isst und schläft im natürlichen Zustand. Es gibt für ihn keine andere Lebensweise mehr, weil der natürliche Zustand für ihn die Stimme des Unendlichen ist, die ihm große Geheimnisse offenbart, eines nach dem anderen.
11. Im natürlichen Zustand zu leben, ganzheitlich und spontan zu sein, ist für den Meister die einzige Art, zu leben und zu atmen.
12.Solange der Schüler den natürlichen Zustand nicht gefunden hat, befindet er sich in den Träumen, im Dämmerzustand. Obwohl er etwas ahnt, etwas fühlt, sind dies nur die Träume des Verstandes.
13. Der Meister weiß dies und gibt dem Schüler die Anweisung, äußerst vorsichtig zu sein. Die Realität ist trügerisch, und es besteht immer die Gefahr, ein Schattenspiel mit dem Feuer des Weltuntergangs oder das Rascheln von Gras unter den Füßen mit dem mächtigen Wellengeräusch eines Ozeans zu verwechseln.
14. Der Meister lebt so, dass alle seine Worte, seine Gedanken und seine Taten mit dem natürlichen Zustand verbunden sind und aus dem natürlichen Zustand ausgehen. Somit ist ein Meister immer lebhaft, elegant und spontan.
15. Wie kann der natürliche Zustand beschrieben werden? Die Meister sagen, dass er an den hellen, heiteren, endlosen Himmel ohne Wolken erinnert. Anderen sagen, er sei unerschütterlich wie ein Berg und majestätisch wie ein König. Allerdings sind das nur Metaphern.
16. Wenn der natürliche Zustand sich allmählich eröffnet, schützt und fördert er den Schüler, wie eine Mutter ihr einziges Kind. Wenn dieser kräftig wird, lässt der Meister ihn frei, damit er spontan agieren kann.
17. Ein Meister, der sich im Unendlichen aufgelöst hat, sucht nach Möglichkeiten, den natürlichen Zustand in sich zu stärken, ihn mit unbegrenzter Kraft zu versehen. Deswegen begibt er sich in verschiedene Situationen, die für einen Schüler verboten sind. Dies wird die „Zündung der dichten Träume“ genannt.
Kapitel 77
Der Traum des gehörnten Hasen
Das Unausdrückbare begreifen
1. Wenn der Kern der Dinge erkannt und der natürliche Zustand erreicht sind, wird der Meister eins mit dem Unendlichen.
2. Bei der Verschmelzung mit dem Unendlichen Geist kommt der Meister zum unausdrückbaren Begreifen.
3. Dies ist so umfangreich und unbeschreiblich im Vergleich mit den menschlichen Vorstellungen, und wenn er danach gefragt wird, möchte er sich am liebsten auf den Kopf stellen und dabei gleichzeitig lachen und weinen. Er weiß, dass nichts von dem, was er begriffen hat, irgendwie ausgedrückt werden kann.
4. Zuerst versucht er es doch, gibt aber bald die Hoffnung auf. Man kann eben nicht in Worte fassen, was unbeschreiblich ist.
5. Der Meister gibt diesen Wunsch auf und verwendet die Sprache nur als einen Teil seines Spiels.
6. Manchmal hört er ganz auf, über den Unendlichen Geist zu reden. Manchmal spricht er sehr klar und wunderschön. Manchmal sagt er etwas Sinnloses, was aber dennoch im Rahmen der Vorstellungen der menschlichen Sprache liegt.
7. Dabei weiß er aber genau, dass er nichts von seinem Wissen mit der Sprache für andere direkt verständlich ausdrücken kann.
8. Einige Meister halten das eigene Reden für den sinnlosen Quatsch eines Verrückten. Andere empfinden es als Lieder oder Gedichte aus den Träumen. Um mit den Schülern zu spielen und ihnen so zu helfen, gestalten manche Meister die eigene Rede in strukturierten logischen Ausdrücken.
9. Diese gewöhnliche, logisch strukturierte Art des Redens hat aber ein verstecktes Ziel : den Schüler zur einer unausdrückbaren Realisation zu führen.
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